Seriencheck (145)
Die Jahresabschlusswertungen sind angesagt. Alle Serien, die jetzt noch nicht abgeschlossen sind, landen in der nächsten Ausgabe der Jahresabschlusswertungstabelle. Gemein, aber so sind die Regeln. Dafür ist möglicherweise dann eine der Serien in diesem Beitrag ganz weit vorne dabei, wenn sie ihre begeisternd wunderbare Schrägheit durchzieht. Zu Beginn aber eine Show, von der ich viel Gutes gehört hatte, aber erst in die Stimmung kommen musste, um sie zu sehen.
AMERICAN PRIMEVAL
Sechsteilige Mini-Serie für alle, die Western-Romantiker gerne gepflegt vom Pferd treten wollen. Hier ist der Westen nämlich noch wild, hart, brutal, niederschmetternd, schlammig, dreckig und ungekämmt.
Wir schreiben das Jahr 1857, im südlichen Gebiet von Utah: Sara Rowell (Betty Gilpin, The Hunt) kommt mit ihrem Sohn Devin in Fort Bridger an, dessen Namensgeber (Shea Wigham, Boardwalk Empire) sie bittet, sie bei der Weiterreise nach Crook Springs zu unterstützen, wo der Vater des Kindes lebt. Die beiden werden von einer Gruppe Mormonen unter der Leitung von Jacob Pratt (Dane DeHaan, Valerian) aufgenommen, nachdem der erfahrene Scout Isaac (Taylor Kitsch, John Carter) es zunächst abgelehnt hat, sie durch das unwegsame Land zu führen. Ein brutaler Überfall auf den Treck setzt eine dramatische Geschichte in Gang, in der unsere Hauptfiguren, Mormonen-Milizen, Indianer, die US-Army und Kopfgeldjäger einander bekämpfen.
Harter Stoff, aber auch verdammt richtig guter Stoff. Jede der sechs Folgen leidet man mit und wird in den Bann gezogen von der ungeschönten Rauheit des Überlebenskampfes. Wie ich schon in der Einleitung geschrieben habe - dafür muss man in der Stimmung sein, sonst zieht es einen ganz übel runter. Falls jemand Mormonen-Fan sein sollte oder werden möchte, würde ich auch eher von der Serie abraten. Aber die haben schon prächtig charismatische Bösewichter.
GESAMTWERTUNG: 5,53 Punkte (sehr gut -)
THE BEAR (Season 4)
"The Bear" ist an einem Punkt angelangt, an dem die Macher eigentlich nur noch die mittlerweile zurecht vielgeliebten Charaktere bei der Arbeit und außerhalb, in Dialogen und mit lässig cooler Mucke im Hintergrund präsentieren. Das Saisonfinale etwa besteht entsprechend konsequent nur aus einem Streitgespräch zwischen erst zwei, dann drei Personen im Hinterhof. Große dramatische Ereignisse? Müssen jetzt nicht mehr unbedingt rein. Was in dieser vierten Staffel passiert, könnte ich in zwei bis drei kurzen und dürren Sätzen zusammenfassen.
"Der Laden rentiert sich nicht", wäre schon einer davon. Und der Großteil der restlichen wurde schon in der vorhergehenden Staffel angelegt. Dafür gibt es eine herzerwärmende, extralange Episode über die Hochzeit aus dem Familienkreis, in der alle unsere Lieblinge ihre sozialen Unzulänglichkeiten, Schwächen und Fehler auf bzw. unter den Tisch legen.
Mir bleibt bei der diesjährigen Bewertung nur der Satz, den ich im Edelrestaurant wohl auch sagen würde:
Ich hätte gerne mehr Fleisch gehabt.
GESAMTWERTUNG: 4,75 Punkte (befriedigend)
PEACEMAKER (Season 2)
Ich werde James Gunn für immer dankbar sein, mir mit dieser Staffel die US-Rocker "Foxy Shazam" nähergebracht zu haben. Eine großartige Band, die zwischen 2010 und 2012 überragende Alben herausgebracht hat, die schmählich von der Masse überhört worden sind.
Weitaus weniger dankbar bin ich jedoch für diese zweite Staffel von "Peacemaker". Die kam die ersten Folgen sehr schwer in die Gänge, der Humor zündete nicht mehr (der Typ, der wirklich keinerlei Vögel unterscheiden kann, ernsthaft?), die Story eher dünn, eine Episode zeigt gar schwerpunktmäßig die Kumpels beim Partymachen. Erst mit dem speziellen Kniff der Season dreht das Ganze in höhere Wertungsregionen, um am Ende im Finale dann doch eher die Erwartungen zu enttäuschen.
S2E08 - "Full Nelson" bietet bis auf die Performance des Titelsongs leider keinen arschtretenden Rausschmiss, der einen als Zuschauer mit einem breiten Grinsen im Gesicht das Hinterteil heile reiben lässt. "Peacemaker" ist nun eben Teil des Universums des letzten Superman-Films; den Teil, für den man sich nicht mehr die ganz große Mühe gegeben hat.
GESAMTWERTUNG: 4,56 Punkte (befriedigend -)
ONLY MURDERS IN THE BUILDING (Season 5)
Meine detektivische Spürnase erschnüffelt Parallelen zur letzten Season. Guter Einstieg, viele Gaststars, die Interesse wecken, spannender Fall. Entsprechend erhielten die ersten drei Episoden auch 5 Punkte, immer verbunden mit der Hoffnung, dass die Qualität beibehalten werden kann.
Was leider nicht gelingen sollte. Die Gaststars enttäuschen (Christoph Waltz scheint derzeit in einer "Pff, ich kurbel das jetzt auch noch runter"-Phase zu stecken), die falschen Fährten sind uninteressant, mindestens ein nerviger Charakter taucht auf (hier: die proppere Pop-Sensation Thē) und das riesige komödiantische Potenzial der alten Herren wird nicht abgerufen. Die Folge: 4,5 Punkte bis zum Ende - und die lahme Villa-Folge kriegte noch ein halbes Pünktchen weniger.
Also wieder nur okay, aber wirklich auch nicht mehr. Ich befürchte, das könnte bald auf der "Mord war ihr Hobby"-Spannungsschiene laufen - man guckt es einfach weg, weil man die beiden alten Spaßgäule Martin und Short so mag. Schön für die zwei, dann hätten sie die nächsten Jahrzehnte ein sicherlich gutes Auskommen. Schade für mich als Zuschauer.
GESAMTWERTUNG: 4,60 Punkte (befriedigend -)
THE SIMPSONS (Season 36)
Diesmal sehr spät (die 37. Staffel ist bereits bei Episode 6) hier der übliche Service mit der Erwähnung der besten Ausgaben:S36E01 - Bart's Birthday 5,5 Punkte
S36E02 - The Yellow Lotus 5,0 Punkte
S36E04 - Shoddy Heat 5,0 Punkte
S36E07 - Simpsons Wicked This Way Comes 5,0 Punkte
S36E08 - Convenience Airways 5,0 Punkte
S36E11 - Bottle Episode 5,0 Punkte
Bei gerade mal 18 Folgen insgesamt eine erfreuliche Ausbeute. Es gab aber auch 4x 4,0 Punkte (darunter die letzten drei) und einmal 3,5 Punkte, was den Schnitt dann doch herunterzog.
GESAMTWERTUNG: 4,55 Punkte (befriedigend -)
Reingeschaut:
IT: WELCOME TO DERRY (Season 1)
In Derry, Maine ist ja immer was los. Dort spielen nämlich viele der Geschichten von Altmeister Stephen King und natürlich auch IT. "Welcome To Derry" erzählt dabei von den Ereignissen in dem fiktiven kleinen Städtchen Ende der 50er Jahre, bevor der böse Clown Pennywise so richtig seine Horrorshow abziehen sollte. Kinder verschwinden, Kinder werden von schrecklichen Visionen terrorisiert, in der Militärbasis nebenan gehen seltsame Dinge vor und die Erwachsenen haben wie üblich keinen Schimmer.
Wer die letzte Verfilmung des Stoffes in beiden Teilen toll fand, wird hier ohne Zweifel seine Freude haben. Liegt die Umsetzung doch in den Händen von Showrunner Andy Muschietti, der hier erneut mit seiner Schwester Barbara zusammenarbeitet und die Filme auf die Leinwand brachte. Mir persönlich gefiel IT ja überragend, während IT: Chapter Two eher eine Enttäuschung auf hohem Niveau war. Die Schauspieler lieferten mir weniger (obwohl ich Bill Hader verehre), die Gruselszenen kickten nicht so recht, es fehlte eine Steigerung oder ein fulminantes Finale, wie es bei abschließenden Fortsetzungen doch der Fall sein sollte.
Bei der Serie nun bin ich in der Hinsicht weiterhin guter Dinge; denn die Kinderdarsteller machen ihren Job mehr als ordentlich, die Horrorvisionen sind teils arg fies (ohne dass aber jetzt Gorebauern erregt auf ihren Feldern umhertanzen dürften) und ich wertschätze die Mühe und den Aufwand dahinter. Klar wirkt es mittlerweile so, dass pünktlich alle halbe Stunde ein Schockmoment serviert werden muss, aber damit habe ich mich abgefunden. Ich sehe es wie damals bei "Ash vs Evil Dead" - da erwartete ich auch mindestens einmal pro Ausgabe Geschnetzel und Gemantsche, sonst war die Folge doch nix. Entscheidend ist halt die Qualität und hier ist bisher noch alles im Lot.
DURCHSCHNITTSWERTUNG NACH VIER EPISODEN: 5,35 Punkte (gut)
PLURIBUS (Season 1)
Ich falle mal direkt mit dem Fazit ein wie die Aliens in die Gehirngänge der Menschen: Vince Gilligan hat eine neue Show und sie ist bisher sehr, sehr gut. Nach "Breaking Bad" und "Better Call Saul" kehrt Vince dabei zu seinen Anfängen zurück, als er Folgen der "X-Files" mitverantwortet hat.
Die Kitschromantikbuchautorin Carol Sturka (Rhea Seehorn, Better Call Saul) schließt gerade eine einigermaßen erfolgreiche Lesetour ab, als etwas gewaltig mit der Menschheit schiefläuft. Von heute auf morgen heißt es fortan "Carol gegen den Rest der Welt" - und das wortwörtlich.
Herrlich. Ich freue mich auf jede neue Folge. Die Handschrift von Gilligan ist mehr als deutlich zu sehen bei der Inszenierung, den Kameraperspektiven, den Schnitten, man fühlt sich direkt wieder wohl in Albuquerque. Rhea Seehorn spielt ihre neue Rolle wundervoll, gefällt mir sogar nun in der Hauptrolle noch besser als damals Saul Goodmans beste Freundin.
Über die Geschichte will ich nicht zu viel erzählen, das sollte man selbst erlebt haben. Eine herrlich schräge Prämisse wird Folge um Folge durchdekliniert und was unsere Protagonistin dabei durchmacht, geht in der Bandbreite von schreiend komisch bis schmerzlich dramatisch. Natürlich befürchte ich jede Episode, dass dieses Konstrukt zusammenbricht, langweilig wird, kein Ziel findet und irgendwann vor sich hindümpelt; aber bisher hat mich jede Ausgabe gekriegt.
What would YOU do in Carol's shoes?
DURCHSCHNITTSWERTUNG NACH DREI EPISODEN: 5,65 Punkte (sehr gut)
Und damit ab zum Seriencheck TV-Ranking 2024/2025:









Traurigerweise habe ich davon noch gar nichts gesehen. Aber "The Bear" und "Only Murders..." will ich zumindest nachholen, wenn die Serien abgeschlossen sind. "Pluribus" bestimmt auch, wen ich mal irgendwann doch einen Apple-Account rauslasse.
AntwortenLöschenIch bin jetzt wahrlich kein Fan des Handyladens, aber Apple TV lohnt sich wirklich in letzter Zeit. Bei Only Murders kann ich mir gar nicht vorstellen, dass die das mal abschließen, Martin & Short sind doch noch gut im Saft ;)
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