CD des Monats: PAUL GILBERT & FREDDIE NELSON - United States

Heute soll es um Pop Rock gehen. Dieses seltene Genre, von dem man sich wünscht, es würde öfter die Charts erklimmen. Einfach nur, damit ich mir die Hoffnung erhalte, dass gut gemachte, eingängige Musik aus diesem Bereich eben doch große Hörerschichten erreichen kann. Beziehungsweise dass nicht nur hochgepushte Castingtrullas/-trullaner oder Teeniebands Erfolge erzielen, um anschließend in den Medien so exzessiv herumgereicht zu werden, dass man vor lauter Weinen Staudämme füllen möchte.

Alle Jahre wieder fällt einem eine CD in die Hände, bei der man sich denkt, dass sie eigentlich die breite Masse ansprechen müsste. Die man auf einer Party auflegen und zu der jeder wohlgefällig im Takt mitnicken könnte. Sei es nun das partyerprobte Popgirlie, die aufgebretzelte Hair-Stylistin, die radiohörige Hausfrau, der blondgelockte, musikalisch weiter in den 60er und 70ern lebende Showmaster jenseits der 50 oder eben der Blogger mit recht weit gestreutem Rockmusikfaible. Zugegeben, Deathmetalgrunzfanatiker, Hardcorejazzer oder sonstige grundsätzliche Ablehner eingängiger Melodien wären ausgeschlossen, aber deren Lieblinge sind ja eh selten konsensfähig.

Die erste Zusammenarbeit zwischen den beiden Gitarristen/Sängern Paul Gilbert und Freddie Nelson ist so eine CD. Pop Rock, der einerseits fluffig-leicht ist, aber andererseits dank der frickeligen Arbeit an den Sechssaitern (Gilbert) und fantastischer Vocals (Nelson) aus der Masse weit heraussticht.

Nicht alles auf United States geht dem rockunbedarften Zuhörer leicht in die Lauscher. Gerade der Eröffnungsnummer The Last Rock'n'Roll Star mit ihrem vollen Drumeinsatz zu Beginn und der Schrammelgitarre dürften sich viele verweigern. Ähnlich wohl auch bei Hideaway, das ein schweres Riff aus der Led Zeppelin-Werkstatt zur Aufführung bringt. Das geschulte Rockerohr merkt aber sofort: der Typ am Mikro kann singen, der Saitenmann versteht sein Handwerk, die Rhythmusfraktion haut rein.

Nun aber folgt der kuschelige Teil des Albums: Waste of Time - ein Ohrwurm, den ich immer noch nicht losgeworden bin. Bad Times Good in seiner Beatlesartigkeit ist ideal, um bei sonnigem Wetter relaxt der Krise den gebräunten Hintern entgegenzustrecken. Paris Hilton Look-Alike eröffnet mit feinen Vokalharmonien und schwingt sich dann lässig durch seine vier Minuten Spielzeit. The Answer beginnt und endet balladentypisch, transformiert dazwischen in einen angenehmen Midtemporocker. Natürlich darf die echte Ballade nicht fehlen: I'm Free navigiert Freddie in hohe Tonlagen, Paul baut selbst hier eine geschredderte Großartigkeit ins Solo ein, die ganze Nummer schwankt zwischen Chillen und Gänsehaut. Mein Tipp an die Nachrichtenredaktionen dieser Welt: einen Ausschnitt daraus mit Bildern der iranischen Protestbewegung unterlegen und spätestens beim "Set Me Free" will Ahmadinedschad seine Brennstäbe persönlich in die grüne Tonne treten, seinem Wahlgegner den Sieg überlassen und nur noch schluchzend die Welt umarmen. Okay, ich übertreibe, aber der Song ist toll.

Pulsar deprimiert unbarmherzig mit seinem Hauptriff und den Soli im Mittelteil jeden Nachwuchssaitenquäler. Wer seine Meriten hauptsächlich bei "Guitar Hero" verdient hat, dürfte sich ernsthaft überlegen, seine Kunststoffaxt über der heißgelaufenen Spiele-Konsole seiner Wahl endgültig einzuschmelzen. Beendet wird die Scheibe mit dem partytauglichen Girl from Omaha und dem Rausschmeißer I'm Not Addicted, die mit klasse Vocals, geilem Groove und wahnsinnigen Soli veredelt werden.

Fazit: die beste Pop Rock-CD mit charismatischem Gesang und genialer Gitarre seit der letzten Queen mit Freddie Mercury am Mikro.

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