"Weshalb ist denn Ihr Hashimoto so schepp?" - Chefarzt, Oberarzt und Stationsarzt
Krankenhaus also. War ich seit 30 Jahren nicht mehr drin. Kann jetzt auch nicht sagen, dass es mir gefehlt hätte. Damals musste mir ein gebrochenes Schien- und Wadenbein gerichtet werden. Wer die Narbe sieht, dem erzähle ich, dass ich mir die dazu passende Verletzung dramatisch auf dem Fußballfeld erkämpft habe. Inoffiziell und wahrheitsgemäß war ich mit dem Bein in einem Gitter über einer Klärgrube vorm Haus meiner Tante steckengeblieben. Aber diese Version taugt natürlich nicht, um bei Mitkranken Eindruck zu schinden (was eh ein Ding der Unmöglichkeit ist, später mehr dazu).
Nach der Aufnahme, der ersten Blutentnahme, einer gepflegten halbstündigen Infusionssitzung und einer aus welchem Grund auch immer durchgeführten Lungen-Röntgerei traf ich das erste Mal auf den Chefarzt. Der Mann war spezialisiert auf Schilddrüsenhormone und mein Hausarzt hatte mich ihm wohl vorgeworfen, auf dass er in dem Bereich gefordert werden und Drüse & Druck in Einklang bringen würde. Ich kam also vom Röntgen rein und da saß er nun, im langen weißen Kittel, die um ihn herumsitzenden Ärztinnen in ehrfürchtiger Anbetungspose verharrend. "Hashimoto", "aber schon am Abklingen", "muss man im Auge behalten", "statistisch 30% höhere Krebsgefahr als bei Nicht-Hashimoto", "also ein Mal im Jahr zur Vorsorge Ultraschall", "in ein paar Tagen sind Sie draussen" war alles, was ich aus dem folgenden Wortschwall verständlich entnehmen konnte. Mein Hausarzt würde schwer enttäuscht sein. Ich selbst war versucht, als Replik einfach mal die Konfiguration meiner drei Rechner runterzubeten, angereichert mit ein paar juristischen Begriffen wie enteignungsgleiche Maßnahme, Junktimklausel oder die Einrede des dolo facit, qui petit, quod statim redditurus est. Aber ich lächelte nur, nickte und war guter Hoffnung. Bis mich derselbe Chefarzt am nächsten Morgen bei der Visite mit einem freundlichen "Weshalb sind Sie nochmal hier?" ansprach. Was übrigens einige weitere Male passieren sollte. "Blutdruck und Schilddrüse? Ja, das ist langwierig". Nix mehr mit draussen in ein paar Tagen.
Der Oberarzt kam am folgenden Tag, fragte mich mit dem Humor eines preußischen Stabsoffiziers ab und verzog sein Gesicht. Der klassische Typ des Gelacht-wird-einmal-im-Jahr-nach-vorheriger-gesonderter-Ankündigung. "Weshalb ist denn Ihr Hashimoto so schepp?", brummelte er vor sich hin. Prima, die Kommunikation zwischen Chef- und Oberarzt schien ja exzellent zu sein, ich sah mich schon Spinnweben im Krankenbett ansetzen. Am Ende kam ich mit dem Mann dann doch gut zurecht, weil er mich bei einer Visite einfach vergessen hatte und (angeblich schwer über meine Behandlung sinnierend) am Zimmer vorbeigelaufen war. Nach einer ausführlichen Entschuldigungslitanei wurde er handzahm und schickte mich fürs Wochenende nach Hause, weil ich frisch den 10. Geburtstag meines Patenkinds erfunden hatte, zu dem ich unbedingt erscheinen musste.
Bleibt der Stationsarzt. Der Mann fürs Grobe und mit TMI-Syndrom. Too Much Information. Ich liebe Ärzte, die sich daran ergötzen, einem alle möglichen zukünftigen Krankheitsszenarien an den Kopf zu werfen. Sie nennen es bestmögliche Aufklärung, ich sehe dabei komischerweise immer ihr Gesicht auf einem Punchingball. "Ihre Zuckerwerte sind noch in Ordnung, aber schon leicht im Grenzbereich. Sie haben die Veranlagung, irgendwann bricht das durch". [Patsch! Ohrfeige links, Patsch! Ohrfeige rechts]. "Als Mann sollten Sie wissen, dass Ihre Medikamente als Nebenwirkung Potenzprobleme auslösen können. Nicht bei jedem, aber die Nebenwirkung ist bekannt". [Haken nach oben, Haken nach unten]. "Bewegung, Gewichtsreduktion und gesunde Ernährung sind wichtig. Fangen wir gleich damit an, ich verordne Ihnen kalorienbewusste Kost, wenn es die Küche hinbekommt". Bekam sie nicht. [Linker Punch auf die Nase, rechter Punch auf die Nase). Am vergangenen Donnerstag Morgen war der Mann wenigstens gut von der Frau/Freundin/Kloschüssel aufgestiegen, entsprechend angenehm gelaunt und ließ mich davonziehen.
Nach der Aufnahme, der ersten Blutentnahme, einer gepflegten halbstündigen Infusionssitzung und einer aus welchem Grund auch immer durchgeführten Lungen-Röntgerei traf ich das erste Mal auf den Chefarzt. Der Mann war spezialisiert auf Schilddrüsenhormone und mein Hausarzt hatte mich ihm wohl vorgeworfen, auf dass er in dem Bereich gefordert werden und Drüse & Druck in Einklang bringen würde. Ich kam also vom Röntgen rein und da saß er nun, im langen weißen Kittel, die um ihn herumsitzenden Ärztinnen in ehrfürchtiger Anbetungspose verharrend. "Hashimoto", "aber schon am Abklingen", "muss man im Auge behalten", "statistisch 30% höhere Krebsgefahr als bei Nicht-Hashimoto", "also ein Mal im Jahr zur Vorsorge Ultraschall", "in ein paar Tagen sind Sie draussen" war alles, was ich aus dem folgenden Wortschwall verständlich entnehmen konnte. Mein Hausarzt würde schwer enttäuscht sein. Ich selbst war versucht, als Replik einfach mal die Konfiguration meiner drei Rechner runterzubeten, angereichert mit ein paar juristischen Begriffen wie enteignungsgleiche Maßnahme, Junktimklausel oder die Einrede des dolo facit, qui petit, quod statim redditurus est. Aber ich lächelte nur, nickte und war guter Hoffnung. Bis mich derselbe Chefarzt am nächsten Morgen bei der Visite mit einem freundlichen "Weshalb sind Sie nochmal hier?" ansprach. Was übrigens einige weitere Male passieren sollte. "Blutdruck und Schilddrüse? Ja, das ist langwierig". Nix mehr mit draussen in ein paar Tagen.
Der Oberarzt kam am folgenden Tag, fragte mich mit dem Humor eines preußischen Stabsoffiziers ab und verzog sein Gesicht. Der klassische Typ des Gelacht-wird-einmal-im-Jahr-nach-vorheriger-gesonderter-Ankündigung. "Weshalb ist denn Ihr Hashimoto so schepp?", brummelte er vor sich hin. Prima, die Kommunikation zwischen Chef- und Oberarzt schien ja exzellent zu sein, ich sah mich schon Spinnweben im Krankenbett ansetzen. Am Ende kam ich mit dem Mann dann doch gut zurecht, weil er mich bei einer Visite einfach vergessen hatte und (angeblich schwer über meine Behandlung sinnierend) am Zimmer vorbeigelaufen war. Nach einer ausführlichen Entschuldigungslitanei wurde er handzahm und schickte mich fürs Wochenende nach Hause, weil ich frisch den 10. Geburtstag meines Patenkinds erfunden hatte, zu dem ich unbedingt erscheinen musste.
Bleibt der Stationsarzt. Der Mann fürs Grobe und mit TMI-Syndrom. Too Much Information. Ich liebe Ärzte, die sich daran ergötzen, einem alle möglichen zukünftigen Krankheitsszenarien an den Kopf zu werfen. Sie nennen es bestmögliche Aufklärung, ich sehe dabei komischerweise immer ihr Gesicht auf einem Punchingball. "Ihre Zuckerwerte sind noch in Ordnung, aber schon leicht im Grenzbereich. Sie haben die Veranlagung, irgendwann bricht das durch". [Patsch! Ohrfeige links, Patsch! Ohrfeige rechts]. "Als Mann sollten Sie wissen, dass Ihre Medikamente als Nebenwirkung Potenzprobleme auslösen können. Nicht bei jedem, aber die Nebenwirkung ist bekannt". [Haken nach oben, Haken nach unten]. "Bewegung, Gewichtsreduktion und gesunde Ernährung sind wichtig. Fangen wir gleich damit an, ich verordne Ihnen kalorienbewusste Kost, wenn es die Küche hinbekommt". Bekam sie nicht. [Linker Punch auf die Nase, rechter Punch auf die Nase). Am vergangenen Donnerstag Morgen war der Mann wenigstens gut von der Frau/Freundin/Kloschüssel aufgestiegen, entsprechend angenehm gelaunt und ließ mich davonziehen.
(wird fortgesetzt)
Ach herrje, wenigstens hast du deinen Humor nicht verloren :) (oder doch, kommt das noch?!)
AntwortenLöschenKlärst du auch noch auf, was genau Hashimoto ist oder soll das beim Leser die gleiche unsichere Spannung wie bei dir erzeugen? Oder ist das gar eine Codewort für den kommenden Weltuntergang? Oder habe ich bei House nicht genug aufgepasst?
Humor läuft weiterhin noch, nach der Neutaktung vielleicht sogar ein Stück schärfer. Ich weiß selbst nicht genau, was Hashimoto ist, aber ich glaube, Dr. House würde gähnen. Denn es gibt eher langweilige Tabletten dafür.
AntwortenLöschenDa haste ja richtig was mitgemacht! Bist denn wenigstens richtig engestellt jetzt, wo sie Dich entlassen ham?
AntwortenLöschenLachen musste ich an der Stelle, als der Hilfsarzt die Gewichtsreduktion anempfahl ... frag mich mal nach der Zusendung einer Anleitung zum Wegzaubern von 20 Kilo in 2 1/2 Jahren ... hier trug allerdings kein Arzt Schuld sondern ein Fotos ... halt! Ich erinnere mich! ... Du bist ein Mann! Da müssen es schon 7 Kilo in 7 Tagen sein ... damit man schnellstmöglich was sieht ... hast da nen Tipp mitbekommen? ... ;-)
juliaL49 hat recht, du hast deinen Humor wirklich nicht verloren. Die Geschichte wäre an sich auch echt lustig, wenn es dich wohl nicht selbst betreffen würde und so schön beschreibt, wie es um unsere Gesundheitsmechaniker bestellt ist. Kommunikation ist da ja leider oft Fehlanzeige.
AntwortenLöschenWeiterhin gutes Durchhaltevermögen!
@frau awa: ich hoffe es mal. Die Feinabstimmung darf der Hausarzt machen, so es denn nötig ist. Bis dahin schluck ich Tabletten, dass sich mancher Vorstand der Pharmaindustrie allein wegen mir einen neuen BMW als Fünftauto kaufen kann. Ich hab jedes meiner Kilos so lieb, da kann ich mich nur sehr schwer trennen von.
AntwortenLöschen@moviescape: Ideal ist, wenn der Chefarzt in einem Anfall von "Weshalb war der nochmal hier, so schlimm kann das nicht sein, der liegt dauernd ohne Wehklagen im Bett rum, der müsste wohl langsam rauskommen" die Entlassung für den folgenden Tag verspricht und der Stationsarzt nebendran steht.