Seriencheck (71)

Der Serienchecks drei bringt der Mai. Denn es hat sich einiges angesammelt, weshalb ich mein Geschreibsel in drei Beiträge unterteilen werde: Neuzugänge & Saisonstarts, die große Saisonabschlussrundschau sowie Nachgeschaut (Serien, zu deren Sichtung ich endlich gekommen bin). Los geht's:

24 - LIVE ANOTHER DAY (Season 9)


Der Terrorist liegt auf der Lauer /  Er rechnet nicht mit Opa Bauer. 
Ein PENG! und er vornüber fällt / Jack rettet wieder mal die Welt  
Diese hochwertigen Verse habe ich mir soeben aus den Fingern gesaugt. "Jack is back" (wie auf dem Banner oben) schien mir etwas zu ausgelutscht. Und nach zwei gesehenen Episoden des Comebacks von Jack "Dammit!" Bauer darf ich sagen: Ist alles wie früher. Fans werden nicht enttäuscht, die anderen schütteln den Kopf über die kleinen Logikschnitzer, die mittlerweile leicht vorhersehbaren Twists und  die vaterlandstreue Einstellung der Hauptfigur zum gar bösen Whistleblowertum. Ich fand den Wiederauftakt jetzt nicht schlecht, vor allem freute mich der Auftritt von Stephen Fry als britischer Premier, aber vor Begeisterung auf die Knie gesunken bin ich auch nicht. Wenn es gut läuft, wird "Live Another Day" eine um 12 Episoden gekürzte, routiniert an den aktuellen Stand des Terrors angepasste Auflage des bekannten Schemas. Andernfalls muss Kiefer Sutherland wieder ein paar Jahre in den Untergrund und noch mürrischer werden.

Wertungsschnitt nach 2 Episoden: 4,75 Punkte (befriedigend)
Gucklistenstatus: Wer ist der Maulwurf der Saison? Wie oft wird Jack angeschossen? Gibt es neue Foltermethoden? Hat Kim Bauer einen Auftritt? Alles Fragen, die beantwortet werden müssen! Also: klar drauf.

FARGO (Season 1)


FX präsentiert die Serienadaption des Klassikers der Brüder Coen. Im gemütlichen, aber kalten Städtchen Bemidji im Staate Minnesota kreuzen sich die Wege des harmlosen Versicherungsvertreters Lester Nygaard (Martin Freeman) und des skrupellosen Auftragskillers Lorne Malvo (Billy Bob Thornton). Diese Begegnung setzt eine Kette von desaströsen Geschehnissen in Gang, die die örtliche Polizei in Form der resoluten Ermittlerin Molly Solverson vor viel ungewohnte Arbeit stellt.

Hat mir sehr gut gefallen, auch wenn ich den zugrundeliegenden Film nicht mehr so recht präsent im Gedächtnis habe. Macht aber nichts, denn die Serie erzählt eine andere Geschichte und bedient sich nur des schrulligen Settings, in dem die unbedarften und unaufgeregten Bewohner eines stets hübsch verschneiten Städtchens auf die gewaltbereite Welt des organisierten Verbrechens treffen. Martin Freeman ist in der Hinsicht die perfekte Verkörperung gutbürgerlicher Unauffälligkeit, die mit einem Schlag ins Chaos gestürzt wird, während Billy Bob Thornton einen extrem lässigen Charakter mit eindeutiger Arschlochtendenz gibt, den man angesichts seines unverfrorenen Opportunismus und seiner durch nichts zu erschütternden Coolness fast schon ein wenig beneidet. Auch die Nebenrollen lassen Freude aufkommen: Breaking Bad-Alumni Bob "Better Call Saul" Odenkirk gibt sich die Ehre, Allison Tolman als hartnäckige, aber stets liebenswert zurückhaltende Ermittlerin überzeugt, ja selbst der aus Dexter mit wenig Ruhm verabschiedete Colin Hanks und Keith Carradine füllen ihre Rollen als sympathisch ahnungslose Landeier angenehm aus.

Angelegt auf gerade mal acht Episoden, dürfte bei Fargo wenig schiefgehen, wenn man weiterhin auf die bewährte Mischung aus dem auf die heile Welt herabstürzenden Chaos setzt. Von mir jetzt schon eisklare Empfehlung.

Wertungsschnitt nach 3 Episoden: 5,43 Punkte (sehr gut)
Gucklistenstatus: dicke drauf, weil sehr gut


FRIENDS WITH BETTER LIVES (SEASON 1)


Sechs Freunde in unterschiedlichen Beziehungsstadien (ein verheiratetes Paar mit Kindern, ein frisch verliebtes Paar, ein geschiedener Kerl, eine unvermittelbare Zicke) hängen in einem Haus herum und ziehen sich gegenseitig auf, weil keiner das perfekte (Liebes-)Leben hat.

CBS mit dem Versuch einer frechen Comedy, der mächtig in die Hose geht. So gerne ich den einzigen normalen Charakter aus Entourage (Kevin Connolly) und die mir aus Whitney bekannte Zoe Lister Jones wiedersehe, so unlustig und vergessenswert ist diese Show. Von den Charakteren geht mir als Zuschauer keiner auch nur ansatzweise nahe, die Gags wirken bemüht und wenn es einmal pro Folge ins Explizite geht, schlicht peinlich. Ob man eine Freunde-Komödie generell darauf basieren lassen sollte, dass jeder auf den anderen neidisch ist und ihm deshalb seine Schwächen vorhält, würde ich die Autoren auch gerne mal fragen. Wie auch immer: nach der zweiten Episode konnte und wollte ich mir das Elend nicht mehr antun.

Wertungsschnitt nach 2 Episoden: 3,25 Punkte (unterdurchschnittlich)
Gucklistenstatus: nix wie weg und abgesetzt


SILICON VALLEY (SEASON 1)


HBO in Zusammenarbeit mit Beavis & Butthead-Erfinder Mike Judge erzählt die Geschichte des Tech-Startups Pied Piper. Der von Geschäftsdingen unbeleckte Student Richard programmiert eine eher sinnlose App, deren integraler Bestandteil allerdings die IT-Welt revolutionierende Kompressionsalgorithmen sind. Statt sein Baby meistbietend zu verkaufen, schickt er sich an, unter der Obhut des Software-Gurus Peter Gregory eine eigene Firma zu gründen. Mit dabei: seine Studienfreunde, die komplett nur an ihren Rechnern kleben und wenig Ahnung von der Welt abseits
von Tastatur und Maus haben.

Wer seine Geeks nicht auf Konformität mit dem Massengeschmack getrimmt und weit fernab von Beziehungsgeschichten mit dem anderen Geschlecht in seinem natürlichen Reservat sehen mag, sollte dieser Workplace-Comedy eine Chance geben. Verdient hat sie diese auf jeden Fall, denn der Blick auf die schöne neue Technikwelt mit ihren vor Schrullen strotzenden Bossen, teamunfähigen Sonderlingen und all den peinlichen Momenten, wenn vergeistigte Programmierer Geschäftsentscheidungen treffen, hat mir bisher richtig Spaß gemacht. Mike Judge, der auch für die überaus gelungene Arbeitsplatzcomedy Office Space (hierzulande: Alles Routine) verantwortlich zeichnet, weiß, wovon er schreibt: war er doch selbst Ende der 80er Jahre als Entwickler im Silicon Valley tätig. Und das merkt man den Dialogen, Figuren und Situationen deutlich an. Nebenbei bringt der mir größtenteils unbekannte Cast (ich habe spontan nur Martin Starr aus Party Down und Zach Woods aus The Office größeren Rollen zuordnen können) die Geschichte sehr authentisch rüber. Wer mit dem Thema etwas anfangen kann und die Anspielungen entsprechend versteht, dürfte ein ums andere Mal mit einem fetten Grinsen im Gesicht vor dem Fernseher sitzen. Oder noch passender: dem Rechner.

Wertungsschnitt nach 5 Episoden: 5,05 Punkte (gut)
Gucklistenstatus: geeky, hehe

SURVIVING JACK (SEASON 1)


Amerika, irgendwo, die 90er: Strenger, aber im Herzen doch fairer Familienvater kümmert sich um die Erziehung seiner Kinder, nachdem seine Frau beschließt, sich dem mühevollen Studium der Rechte zu widmen. Basierend auf den Ideen des Autors, der uns schon die eher kurzlebige Show "Shit my Dad says" brachte.

Und jetzt, da ich diese Zeilen schreibe, hat der ausstrahlende Sender FOX endgültig den Stöpsel gezogen. Von meiner Warte aus eine absolut vertretbare Entscheidung, denn die Show hatte außer der dominanten Vaterfigur (Christopher Meloni) nichts zu bieten. Ja, "Surving Jack" wollte noch ein bisschen "That '90s Show" sein, aber Menschen in meinem Alter und mit meinen TV-Show-Kenntnissen wissen: die 80er waren viel cooler und "The Goldbergs" sind viel besser.

Wertungsschnitt nach 1 Episode: 3,5 Punkte (durchschnittlich)
Gucklistenstatus: doppelt abgesetzt

GAME OF THRONES (SEASON 4)


[Bitte jetzt vorstellen, wie ich voller Inbrunst zum majestätischen Klang des Intros singe]
Es ist wieder da-ha, wieder da-ha, wieder da-ha, wieder da-ha, wieder da.

Ich habe mittlerweile alle Bücher durch und weiß, dass auch diese Saison für genug Tod, Drama und allgemeines Unwohlsein rundum Westeros gesorgt sein wird. Es kann eigentlich nichts schiefgehen, wenn die Serie wie gewohnt die Filetstücke aus George R.R. Martins Werk herausschneidet und gebührend in Bild und Ton setzt. Innerhalb der bisher gelaufenen vier Episoden hat es schon einmal amtlich gerummst in der emotionalen Schatzkiste und der nächste große Knall kommt bestimmt (wahrscheinlich in der Folge #9). Positiv: auch für Kenner der Vorlage ist durchaus gesorgt, wie eine Szene ganz am Ende einer Episode beweist. Dezent negativ: die letzten beiden Folgen brachten viel an wenig handlungsergiebigen Sprüngen innerhalb der mittlerweile zahlenmäßig ordentlich angeschwollenen Erzählstränge. Aber so richtig böse kann man der Show nicht sein, solange sie in Sachen Inszenierung überzeugt, coole neue Charaktere wie Prince Oberyn bringt und die bekannten Figuren eifrig ihre Intrigen spinnen.

Wertungsschnitt nach 5 Episoden: 5,60 Punkte (sehr gut)

VEEP (SEASON 3)


Sehr starker Start der Jetzt-Wahlkämpferin um die Präsidentenschaft, Selina Meyer. Es tut der Show für mich als Europäer und damit in Sachen amerikanischer Innenpolitik wenig bewanderter Zuschauer sehr gut, dass sich die Vizepräsidentin jetzt mit den großen Themen beschäftigen muss, um auf Stimmenfang zu gehen. Da kann ich mir umso befreiter bei den peinlichen Fehltritten des Teams und des unnachahmlichen Jonah Ryan die Hände vors Gesicht schlagen. Ganz groß bei den bisher gelaufenen fünf Folgen: der Besuch bei dem fiktiven Softwaregiganten Clovis. Aber auch generell scheint die Show dieses Jahr die nächsthöhere Stufe in meinem Wertungsschema ansteuern zu wollen. Go for it, Selina!

Wertungsschnitt nach 5 Episoden: 5,35 Punkte (gut)

LOUIE (SEASON 4)  


Nach zwei Jahren Pause taucht Standup-Ikone Louis CK mit neuen Folgen seiner etwas anderen Art der Comedy auf. Die Mischung aus ruhigen, fast nachdenklichen Momenten, unerwarteten Schrägheiten der Seltsamkeitsstärke 10 und derben Dialogen steht wieder auf dem Programm. Da ich seit ein paar Wochen "Legit", die Show des australischen Kollegen Jim Jefferies (dazu mehr später in der Rubrik "Nachgeschaut") auf dem Schirm habe, ist Louis CK nicht mehr konkurrenzlos. Der Auftakt in Form von gleich zwei Episoden brachte mir zu Beginn wieder etwas zuviel Leerlauf, aber die Standups und die unerwarteten WTF?-Momente (der Arzt mit seiner sehr allgemein gehaltenen Rückenschmerzdiagnose, das Ende des Dates mit dem "Model" Yvonne Strahovski) ziehen es wertungsmäßig doch wieder auf das gewohnte Niveau.

Wertungsschnitt nach 2 Episoden: 5,00 Punkte (gut)

Kommentare

  1. Danke für den Eintrag - so bekomme ich wenigstens mit, was sich da draußen so tut:

    Von "24" muss ich erstmal noch die 8. Staffel sehen, dann schauen wir mal weiter. War ja schon von der 7. überhaupt nicht mehr angetan. Inzwischen habe ich aber durchaus Lust auf ein wenig Jack Bauer.

    "Fargo" und "Silicon Valley" klingen ziemlich gut! Werden vorgemerkt :)

    "Friends with Better Lives" dagegen schrecklich. Schade um E :(

    "Surviving Jack" klingt eigentlich recht spannend, aber so warte ich lieber auf "The Goldbergs".

    GoT, "Veep" und "Louie" werde ich irgendwann auch bestimmt nachholen. Die ersten beiden ganz sicher.

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  2. Ich denke, die 8. Staffel von 24 brauchst du dir nicht zwingend zu geben (laut meinem Archiv waren da nur die letzten 8 Episoden richtig gut). Ich würde einfach direkt auf das neuste Update 9.0 springen.

    Fargo, The Goldbergs, Veep (und GoT sowieso) dürften ziemlich sicher deinen Geschmack treffen. Wenn's noch eine Spur politisch werden soll, kann ich dir noch "House of Cards" ans Herz legen. Oder wie jemand mal schrieb: "Man hofft als Zuschauer, dass Politik wie in West Wing gemacht wird, befürchtet aber, dass die Realität eher in House Of Cards abgebildet wird"

    Louie ist Spezialfernsehen, fast schon avantgardistisch. Man muss den Kerl und seinen besonderen Humor von seinen Standups her mögen, sonst wird es eher schwer. Dasselbe gilt für Jeff Jefferies und "Legit"

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