Eurovision Song Contest-Check (Stand: 2. Halbfinale)

Und hier der Rest zum Fest:
[kurzer Einwurf: bei Stefan Niggemeier gibt es wieder ein Tippspiel zum ESC. Ich mach auch mit. Natürlich nicht basierend auf meinen Einschätzungen hier. Man will ja schließlich was gewinnen]

Albania:
Junges Ding säuselt begleitet von Akustikgitarren westbalkanische Liebeslyrik ins Mikro. Immerhin, Richtung Refrain wird es etwas lebhafter. Treibt mich jetzt nicht zur Ekstase, tut mir aber auch nicht weh, wofür ich eigentlich sogar ein wenig dankbar sein muss.

Croatia:
Nach dem Lied ist mir klar; kroatische Senioren können einfach alles. Moderne Beats kloppen, alte Fiedeln schrubben, junge Dinger klarmachen und wenn halt gerappt werden muss, schicken sie lachend den Ältesten nach vorne. Fällt bei mir definitiv unter die Kategorie "liebenswerter, weil mutiger Exot".

Denmark:
Wahrscheinlich bilde ich mir das ein, aber es besteht die Möglichkeit, dass die Dänen ein Jahr lang in geheimen Testlabors an einer leicht verbesserten, internationalen Version unseres Swingmeisters Roger Cicero gearbeitet haben. Wobei sie so ziemlich alles richtig gemacht haben: englischer Titel, sympathisch rüberkommender Interpret, mitwippreflexstimulierender Rhythmus, allgemeines Wohlgefallen rundum den Bereich des Hörapparats. Würde mich wirklich ärgern, wenn dieser Song im Mittelfeld oder tiefer versänke.

Georgia:
Ich glaube, jemand von der georgischen Delegation hat das offizielle Songschreiberhandbuch zum alten Grand Prix d'Eurovision ausgegraben und will nun das todsichere Rezept für den Instant-Gewinnersong ausprobieren:
  • 1x bewundernswert mit körperlicher Beeinträchtigung zurechtkommende Sängerin,
  • 1x für jedermann verständlicher, englischer Text mit Forderung nach Weltfrieden,
  • 1x Palette mit Kindern aus aller Herren Länder -
  • alle Zutaten auf die Bühne rühren, drei Minuten bei offenen Mikros singen lassen und schließlich 12 Punkte serviert bekommen.
Mir ist es schon ein bisschen zu dick aufgetragen, dass die Frau in den ersten Zeilen über Tränen, Augen und Blindheit referiert. Als wollten die Komponisten mit dem Holzhammer darauf hinweisen, dass sie eine Blinde nominiert haben. Musikalisch gibt es sicherlich Schlimmeres dieses Jahr.

Iceland:
Wenn der putzige Dicke aus dem Video diesen Song alleine vortragen und innerhalb der drei Minuten zehnmal das Outfit wechseln würde, könnte ich das Ganze als augenzwinkernde Verhohnepipelung der im Laufe der Jahre beim internationalen Gesangswettstreit dargebotenen peinlichen Technosongs akzeptieren. Ich befürchte aber, die meinen das ernst und lassen schließlich doch das blonde Zahnpasta-Duo auf die Bühne. Für den Fall bin ich bei der Nummer in der Küche, um mir was zu essen zu holen.

Latvia:
[Kleiner Insidergag für Kenner der deutschen Metalszene: könnte bitte jemand dafür sorgen, dass Rock'n'Rolf von Running Wild diesen musikalischen Beitrag niemals zu Gesicht bekommt? Der Mann hängt sich sonst an der nächsten gerissenen Gitarrensaite auf]
Weshalb muss ich bei dem Lied dauernd an Entern oder Kentern, Rednex oder Ballermann 6-Bühnenauftritte denken? Richtig, weil das alles Synonyme für billig produzierten Trash sind, jetzt fällt es mir wieder ein. Alle geschlossen über die Planke schicken, flott die Segel setzen und mindestens zwei Seemeilen Sicherheitsabstand gewinnen.

Portugal:
Sehr schön, dass der Verein zur Förderung von Frauen jenseits der üblichen Modelmaße wieder einen Titel ins Rennen um die europäische Krone schicken konnte. Da ich in der Hinsicht absolut für Gleichberechtigung bin, findet dieses Projekt meine vollste Unterstützung. Weshalb ich freudig zu Protokoll gebe, dass mich die Nummer auch mit einem spindeldürren Grinsegirlie an vorderster Front nicht hätte überzeugen können.

Sweden:
Die Skandinavier setzen auf die drei bewährten Tugenden. Blond. Groß. Langbeinig. Im Gesicht scheint mir unterhalb der hohen Stirn eine Mischung aus Plastik und Caroline Beil aufzublitzen. Musikalisch wird leicht euphorischer Disko-Pop aufgeboten. Dummerweise finde ich, dass die Ukrainer den Bereich besser abgedeckt haben. Siehe weiter unten.

Turkey:
Letztes Jahr wollte ich noch die Wette anbieten, dass ich aus sämtlichen Eurovision Song Contests den türkischen Beitrag sofort am Refrain erkennen kann. Damit wäre ich diesmal ganz böse auf die Fresse gefallen. Denn die Türkei rockt 2008! Wehe, das gibt keine 12 Punkte aus Deutschland. Einer meiner persönlichen Favoriten, weil mich der gewählte Stil sehr positiv überrascht hat.

Ukraine:
Dezente Elektro-Sounds gleich zu Beginn, gefolgt von diskokugelkompatibler Mucke, das wird dem punkteverteilenden osteuropäischen Umfeld mit Faible für traditionelle Klänge sicher übel aufstoßen. Meinereiner findet die Nummer hingegen ziemlich in Ordnung. Die Frau kann singen, das Ganze klingt professionell und hat im Gegensatz zu vielen anderen Teilnehmerbeiträgen Schwung. Wenn ein Popsong den Titel gewinnen soll, dann am ehesten der hier.

Fazit:
In meiner Geschmacksgunst liegen im vorderen Bereich (ohne wertende Reihenfolge):
Dänemark, Finnland (ja, des Spaßfaktors wegen), Frankreich, Großbritannien, Serbien, Türkei und die Ukraine. Bei dem Rest bedanke ich mich für das auch in diesem Jahr reichlich zur Verfügung gestellte Lästermaterial.

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