Seriencheck (74)

Nach der fußballbedingten Pause nun endlich die Nachzügler der TV-Saison 2013/2014. Das Jahresranking hatte ich schon vorher veröffentlicht, hier also noch die ausstehenden Texte zu den Zahlen. Inklusive eines peinlichen faux pas.

24 (SEASON 9)

Die neunte Staffel von 24 umfasste diesmal bekanntermaßen nur 12 Folgen, bildete aber dennoch einen ganzen Tag im Leben von Jack Bauer ab. Weil der alte Haudegen am Ende der elften Episode einfach mal eine Verschnaufpause einlegen durfte. Man wird ja nicht jünger. Jünger wurde übrigens auch nicht das hinter der Show steckende Konzept: böse Terroristen halten London in Atem, schikanieren den dort gerade fröhlich über amerikanische US-Luftwaffenbasen verhandelnden Präsidenten und Jack natürlich mittendrin im Schlamassel. Ich schreib es mal so: Wer ein beinharter Fan der Serie ist, dürfte nicht enttäuscht werden. Wer sich erhoffte, dass hinter der Neuauflage mehr steckt als ein Bösewicht-Waffenupdate plus neuer Gesichter bei Freund und Feind, sollte nicht zuviel erwarten.

Denn 24 fährt all das auf, was man schon von früher kennt. Die kleinen Ungereimtheiten, die sich immer mehr potenzieren, die Logiklöcher, die man zugunsten der Action ungestopft lässt oder die fantastischen Hackerfähigkeiten von Chloe O’Brian, die wahrscheinlich auch ein Transistorradio Baujahr 1934 aus 1000 km Entfernung manipulieren könnte. Auch dieses Jahr leider wieder dabei und anscheinend nicht totzukriegen - die unnötige Maulwurf-Nebenstory. Darüber kann man natürlich gutmütig hinwegsehen, mich persönlich störte aber vor allem die Entwicklung um die Verhandlungstaktik des US-Präsidenten, bei der man wirklich zugunsten eines Kniffs jegliche Realitätsschraube überdrehte und somit den Tiefpunkt der Staffel markierte. Zum Ende präsentiert man schließlich die ganz dicken Verwicklungen, mit denen ich mich aber eher noch anfreunden konnte. Ach ja, noch ein kleiner Hinweis an die CGI-Explosionen-Abteilung: Das geht besser.

Die Wertung spiegelt meinen Eindruck von der Staffel treffend wieder. Wegen der oben erwähnten Unzulänglichkeiten knapp am „gut“ vorbei, insgesamt aber schon sehr ordentlich. Für Freunde der Show. Ob ich jetzt aber direkt Season 10 brauche, würde ich im Moment eher verneinen wollen.

Gesamtwertung: 4,89 Punkte (befriedigend)

FARGO (SEASON 1)

Eine sehr angenehme Überraschung aus dem verschneiten Niemandsland diesseits und jenseits von Bemidji, Minnesota. Fargo ist eine rundum gelungene Serie, die dank ihrer schrulligen Charaktere in zehn knapp einstündigen Episoden eine wunderbar auf den Punkt gebrachte Geschichte erzählt. Ohne Ausfälle, ohne eine Minute an Langeweile, sondern irgendwo im Dreieck aus Schmunzeln, Schockiertsein und Staunen verortet. Billy Bob Thornton muss man ohne Zweifel für seine Darstellung diverse Preise in die Hand drücken, Martin Freeman verzeihe ich wegen seiner Leistung so manche Minute, die ich mich bei „The Hobbit“ gelangweilt habe, Allison Tolman mit ihrer goldig schüchternen, aber akribischen Art hat sich in mein Herz gespielt und Bob Odenkirk als planloser Sheriff würde ich sehr gerne in der schon bestätigten zweiten Staffel, die vor den hier erzählten Ereignissen spielt, wiedersehen.

Wertungsmäßig habe ich das kleine Dilemma, dass nach meiner Art der Punktzahlbestimmung Shows von einer längeren Laufzeit im Sinne von mehr Einzelepisoden profitieren. Bei Fargo zückte ich dreimal die 5,0, fünfmal die 5,5 und zweimal die 6,0 – macht nach meinem Wertungssystem insgesamt einen Schnitt von 5,90 Punkten. Ich bin mir aber sicher, dass im Falle von zwei bis drei zusätzlichen Folgen locker die 6,0-Messlatte übersprungen worden wäre. Das Aufrunden lasse ich jetzt noch sein, aber fest ans Herz eines jeden Serienfans möchte ich diese feine Produktion in jedem Fall legen.

Gesamtwertung: 5,90 Punkte (sehr gut)

GAME OF THRONES (SEASON 4)

Game of Thrones ist mittlerweile ein Selbstläufer, die Wertigkeit der Show so bestechend hoch, dass man Ende einer Folge nur die Wahl zwischen „gut“, „sehr gut“ oder „überragend“ hat. Die Stamm-Charaktere haben nichts von ihrer Faszination eingebüsst, zusätzlich führt man neue Figuren ein, die mächtig Eindruck hinterlassen. Wie etwa Pedro Pascal in der Rolle des Oberyn Martell, dem ich mit einem Kniefall den aktuellen „Coolste Sau in einer Fantasy-TV-Serie“-Preis verleihe (der in der Kategorie „Nicht-Fantasy“ geht an Billy Bob Thornton, siehe oben). Die zugrundeliegenden Bücher von George R.R. Martin bieten wie gehabt destilliert hochklassigen Stoff mit zahlreichen Episoden, die schlicht in ihrer eigenen Klasse spielen. Vor allem zum Ende hin konnte ich nach diversen Ausflügen nach Westeros und Umgebung nur noch japsend und entkräftet das Kärtchen mit der 6,0 ziehen. Wenn man sich beklagen müsste, dann wohl darüber, dass Mr. Martin mal wieder mit der ganz großen Sense über die Schauspielerschar gefahren ist, was angesichts des Qualitätsverlusts in Sachen Darstellungskunst fast schon Trauer hevorruft. Aber so ist er halt drauf, der George.

Gesamtwertung: 6,10 Punkte (überragend)

SHERLOCK (SEASON 3)

I’m slightly disappointed, Mr. Holmes. 
Der von mir hochgeschätzte Wortvogel bringt es ziemlich gut auf den Punkt, wenn er schreibt, dass die Show mittlerweile von sich selbst besoffen ist. Auch ich vermisste in den drei Folgen der dritten Staffel die Detektivarbeit, die Herumschnüffelei, die Hinweisaufarbeitung, die dann schließlich zu einer spektakulären Auflösung führt. Stattdessen positioniert man die bekannten Figuren in Situationen, in denen sie sich dezent lächerlich machen und verdutzt an den Wänden der Realität abprallen. Fälle gibt es weiterhin, aber sie stehen weniger im Mittelpunkt und werden nicht ganz so überzeugend wie früher zu einem Ende gebracht. Verdammen möchte ich „Sherlock“ deswegen jetzt nicht, denn die Serie und ihre Charaktere haben weiterhin Charme und Ausstrahlung, können weiterhin unterhalten. Aber es fehlt das Besondere, der Kick, das kleine Stückchen Zucker im Tee. Meine Wertung: dreimal die 5,0, weil das britische Vorzeigeprojekt diesmal dreimal einfach nur „gut“ war.

Gesamtwertung: 5,00 Punkte (gut)

VEEP (SEASON 3)

Schrecklich akribischen Lesern (also mir) wird es aufgefallen sein: Veep tauchte gar nicht in meinem zuletzt veröffentlichen Jahresranking auf. Möge mich der Präsident niemals anrufen, Jonah Ryan mein Freund sein wollen und selbst Gary Walsh sich nicht an meinen Namen erinnern können, aber Schande über mein Haupt: ich hab’s vergessen. Was besonders ärgerlich ist, denn die dritte Staffel ist nicht nur die beste bisher, sondern zugleich auch die beste Comedy in diesem Jahr. Es scheint, als würde die Vizepräsidentin mit jeder Ausweitung ihrer Tätigkeit lustiger und unterhaltsamer werden. Die Wahlkampftour in diesem Jahr geriet jedenfalls umwerfend komisch, kein Fettnäpfchen blieb unbetreten, keine Peinlichkeit ausgelassen, keine Inkompetenz ungezeigt. George W. Bush würde es wohl Reality-TV nennen. Wer testen möchte, ob die Show ihm gefällt, dem empfehle ich zum Einstieg die Episode „Clovis“, in der Selina Meyer und ihre Entourage auf die wunderbare Welt der IT-Firma desselben Namens trifft. Ähnlichkeiten zu existierenden Marken waren sicherlich beabsichtigt.

Gesamtwertung: 5,45 Punkte (sehr gut)

LOUIE (SEASON 4)

Louis CK ist der Mann mit der größten künstlerischen Freiheit im Showbusiness. In seiner Show auf FX darf er wirklich tun und lassen, was er will. Das liest sich toll, aber manchmal führt es auch zu Momenten, in denen man sich als Zuschauer gewünscht hätte, jemand hätte dem guten Mann mal gesagt, wo es langgehen soll. Denn mit der vierten Staffel bietet der sympathische Stand-Up-Comedian ein eher gemischtes Potpourri an. Der Einstieg ordentlich, die Folge mit Yvonne Strahinski mit einem typischen WTF-Moment, danach aber die auf sechs Episoden gestreckte Geschichte um Louies ungarische Freundin Amia, die abwechselnd okay bis langweilig geriet. Darauf wiederum die sehr gelungene Coming-of-Age-Story mit Louies Vergangenheit als Haschischdealer. Und zum Schluss eher okay eingespielte Kost mit Pamela Adlon. Die eingestreuten Stand-Ups ließen mich insgesamt oft noch etwas wohlwollend in die Wertungskiste greifen, aber insgesamt hatte ich mir schon etwas mehr erwartet.

Gesamtwertung: 4,94 Punkte (befriedigend)

SILICON VALLEY (SEASON 1)

Die zur Zeit beste Nerd-Comedy, die bei mir wahrscheinlich irgendwann dafür sorgt, dass ich „The Big Bang Theory“ absetze. Denn „Silicon Valley“ ist näher an dem dran, was ich unter Geeks, Freaks und Nerds verstehe. Keine Massenkompatibilität, keine dauerhaften Beziehungen, sondern einfach nur schräge Typen ohne Anschluss an die Realität jenseits der Tastatur, die zusammen eine Firma aufbauen. Ich habe bisher sehr wenig über diese Show in der Blogosphäre gelesen und finde, dass ihr viel mehr Aufmerksamkeit gebührt. Bezeichnenderweise hat sich auch noch kein deutscher Sender um die Ausstrahlungsrechte bemüht, wahrscheinlich wegen des speziellen Humors. Eben der ist alles andere als für jeden gemacht, sondern zuweilen derb. Wenn ich einen Vergleich anbringen müsste, dann wäre es wohl der mit „Party Down“, nicht zuletzt weil dort auch Martin Starr mit von der Partie war. Von den insgesamt acht Episoden war der Pilot noch am schwächsten, weil nur okay. Aber wer sich davon nicht abschrecken lässt, erlebt danach durchgehend gute bis sehr gute Einsichten in das Leben von vier Nerds und einem verzweifelten Manager. Eine zweite Staffel ist geordert und ich freue mich darauf, den liebenswerten Chaoten bei der Eroberung der IT-Welt zuzusehen.

Gesamtwertung: 5,28 Punkte (gut)

Kommentare

  1. Dieses Mal nur kurz, da ich ohnehin noch nichts davon gesehen habe: alles wie zu erwarten! :D

    Von "24" muss ich erst noch die 8. Staffel nachholen und so langsam habe ich tatsächlich sogar wieder Lust auf Jack Bauer. Ist eben doch schon lange her. Auf "Fargo" und die neue "Game of Thrones" freue ich mich sehr! "Louie" und "Veep" habe ich immer noch nicht gesehen und der Rest klingt auch gut... achja, irgendwann... :)

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  2. Könnte sogar ein Vorteil sein, wenn du 24 S8 und S9 zeitlich eng beieinander nachholst, weil es da einige Bezüge gibt. Zu Sherlock bist du auch nicht gekommen? Da hätte mich deine Meinung besonders interessiert. Ansonsten halt wie immer irgendwie, irgendwo, irgendwann ;)

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  3. Nee, "Sherlock" habe ich auch noch nicht geschafft. Kommt aber noch. Aufgrund der gemischten Meinungen bin ich schon sehr gespannt.

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