Seriencheck (XV)

Over There

13-teilige Dramaserie, die im Jahre 2005 auf dem Kabelsender FX lief und den Alltag einer 8-köpfigen, im besetzten Irak stationierten US-Army-Einheit zum Thema hat. Bei einem meiner Besuche in Frankreich konnte ich die Staffelbox für 19,99 Euro mitnehmen, kam aber erst jetzt zu einer Sichtung.

Normalerweise kann ich mit Kriegsfilmen und -serien nichts anfangen, weder habe ich M.A.S.H. gesehen noch finden sich "Platoon", "Saving Private Ryan" oder "Black Hawk Down" in meiner DVD-Sammlung. Natürlich bestand die Befürchtung, dass die Show die US-Truppen heroisiert und das Geschehen zu einseitig abbildet. In der Hinsicht kann ich jedoch Entwarnung geben, denn auch die Situation der irakischen Bevölkerung wird realistisch beleuchtet. Eine Auseinandersetzung mit den politischen Gründen für den Irak-Krieg findet allerdings nicht statt.

Die Männer und Frauen um Sergeant "Scream" Silas sind keine Helden, sondern einfache Menschen, die dem Zuschauer mit der Zeit ans Herz wachsen und als Befehlsempfänger die Schrecken des Krieges durchleben. Autobomben, Selbstmordattentate, Militärparanoia, Belagerung von Dörfern, Ölinteressen, Folter und Entführungen bestimmen die Inhalte der Episoden. Die Handlung selbst weicht im Verlauf der Zeit auf andere Schauplätze aus, wenn z.B. das Schicksal des verletzten Private Bo Rider bzw. der Angehörigen der Truppe in Szene gesetzt wird. Gegen Ende der Staffel gerät die Show ein wenig in soapige Gewässer, was jedoch die insgesamt hohe Qualität der erzählten Geschichte nicht mindert.

Insgesamt eine sehr aufwändig produzierte Serie, die einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen hat. Vor allem die am Ende jeder Folge einsetzende, den dramatischen Ausklang bildende Titelmelodie hat sich bei mir im Gedächtnis festgesetzt.



Eine zweite Staffel wurde wegen mangelnder Zuschauerresonanz leider nicht realisiert, eine IMDB-Wertung von 8.0 zeigt jedoch, dass auch hier wieder Qualität und Einschaltquoten auseinanderfielen. In Deutschland lief die Show 2007 auf dem Bezahlfernsehsender, für den ich hier keine Werbung machen will. Sollte eine deutsche DVD auf den Markt kommen oder "Over There" im frei empfangbaren Fernsehen laufen, kann ich sie jedem Serienfan nur wärmstens ans Herz legen.

Mork & Mindy

Vom Wüstenstaub zum verrückten Astronauten im transportierbaren eiförmigen Raumschiff. Oder anders gesagt: Nano nano (im englischen Original eher nanu nanu). Shazbot. Exakt 30 Jahre ist es her, dass Robin Williams als "Mork vom Ork" Fernsehgeschichte schrieb. Die erste Staffel gab es bei amazon.co.uk für 10 Pfund, die mein Bruder in einem Anfall von Nostalgie investierte.

Mag sich manch einer von Williams zappeligem Schauspiel genervt fühlen, ich für meinen Teil bin erstaunt, in welchem Maße die Situationskomik und die Gags auch heute noch perfekt funktionieren. Diskussionen auf orkisch mit dem knallroten Raumanzug, Morks Liebesbeziehung zu einer Schaufensterpuppe oder sein Versuch, rohe Eier durch Hochwerfen in ihre Freiheit zu entlassen - der Humor trifft immer noch. Natürlich ist das Ganze im Prinzip eine One-Man-Show, aber eine, die dem Zahn der Zeit erstaunlich gut standgehalten hat. Neben ALF immer noch die beste Comedyserie um anpassungsfrohe Außerirdische (wobei ich 3rd Rock from the Sun wohl mal im Original sehen muss).



Samantha Who?

Von One-Man-Show zu One-Woman-Show. Christina "Dumpfbacke" Applegate spielt ein Unfallopfer mit Gedächtnisverlust, das sich ihr persönliches Umfeld infolge ihres Blackouts wieder erarbeiten muss. Die Show ist dementsprechend auf die blonde Sympathieträgerin zugeschnitten, was auch gleichzeitig ihr größtes Manko ist. Ich habe insgesamt vier Folgen gesehen, in denen überdeutlich wurde, dass die Nebendarsteller (Melissa "Sookie" McCarthy und Jennifer Esposito aus Spin City) besonders "nebenhaft", sprich vernachlässigbar agieren. Die Folge: schwächelt Samantha, bricht das ganze Humorfundament der Serie zusammen. Ich bleibe dann doch besser bei Julia Louis-Dreyfus alias New Christine, die sich in der dritten Staffel zusehends leider auch immer mehr mit diesem Problem herumschlagen muss.

Battlestar Galactica

Von Dumpfbacke zu Narbenbacke und Starbacke...buck. Die vierte Staffel ist bekanntlich die letzte, weshalb die Fans auf einen fulminanten Ausklang der Show um Zylonen und Kampfsterne warten. Wird der Weg zur Erde gefunden? Wer ist das letzte Toastermastermodell? Ist Baltar Jesus und wenn nein, warum eigentlich nicht?

Ich habe den Beginn der dritten Staffel geliebt, danach einige Enttäuschungen durchlitten, bevor der Schluss mit dem "Klack! Bei mir ist gerade ein rotes Licht angegangen"-Knalleffekt mich zwar nicht hundertprozentig begeistern, aber doch zu überraschen wusste. Und solange eine Show die Zuschauer noch überraschen kann, bleibt sie für mich sehenswert.

Leider sind die ersten Episoden der vierten Season erschreckend langweilig und belanglos ausgefallen. Einzig die interne Auseinandersetzung der Neuzylonen birgt für mich Potenzial, der Rest plätschert so vor sich hin. Die Figur des Lee Adama wird verschenkt (wie man das Cockpit einer Viper Mark II mit dem Gesetzbuch tauschen kann, ist mir als Jurist ein komplettes Rätsel), Baltar als flüsternder bis stammelnder Religionsstifter langweilt, Starbuck irrt verwirrt durch die Gegend und die Zylonen haben wohl doch entgegen der Einblendungen in den Intros der letzten Staffeln keinen Plan. Hoffentlich tut sich da noch was.

Lost

Einen Plan hingegen haben anscheinend die Macher von Lost. Wer immer auf die Idee gekommen ist, flash forwards als Erzählstruktur einzuführen, sollte sich seinen Fuß in Stein hauen und in meinem Garten einbetonieren lassen, damit ich demütigst seine vier oder mehr Zehen küssen kann.

Bis auf die etwas schwächere 8. Folge der vierten Staffel befindet sich die Serie auf einem fast schon erschreckend hohen Niveau. Drama, Action, Spannung, alte Mysterien, frische Mysterien - alles vom Feinsten. Wer angesichts der Schwächephasen in der dritten Staffel ausgesetzt oder gar schon wegen der Tailies in der zweiten Staffel die Segel gestrichen hat, dem schreibe ich entgegen: "Kämpft euch durch, denn in der vierten Staffel bleibt kein in Nahaufnahme gefilmtes Auge trocken!". Von der aktuellen Episode mit dem passenden Titel "The Shapes Of Things To Come" habe ich mich immer noch nicht richtig erholt. Wenn die Qualität gehalten wird, steht uns bis Ende Mai noch Großes bevor.

Kommentare

  1. Hm, ich sollte auch mal wieder einen Seriencheck schreiben, genuag gesehen und noch mehr Notizen hätte ich eigentlich...

    Zu "Over There": Wenn dir das gefallen hat, dann möchte ich dir doch noch mal "The Unit" ans Herz legen. Die Serie ist zwar militaristischer, aber auch realistischer und damit durchaus mitfühlender. Was da in Season 3 passiert, hätte ich unter gar keinen Umständen erwartet. ich schätze, ich werde "Over There" nun vielleicht auch mal eine Chance geben.

    Zu "Battlestar Galactica": Sehe ich im Grunde genauso, die ersten vier Episoden von BSG in der vierten Season sind einfach nur schlecht. Mir gehen so ziemlich alle Charaktere schwer auf den Senkel, angefangen von Starbuck über Roslin und Adama bis hin zu Baltar. Auch scheinen sie wirklich nicht zu wissen, wohin das Ganze führen soll, es ist kein Storybogen zu erkennen. Dabei fand ich die dritte Season durchgehend richtig stark und weil ich den deutschen DVD-Release nicht mehr abwarten kann und will, werde ich mir demnächst auch die jüngst in den USA erschienene DVD-Box zulegen.

    Zu "Lost": Ja, das ist natürlich ganz großes Kino und ich kann es jede Woche kaum erwarten, bis es weitergeht. Ich denke, die restlichen vier bis fünf Episoden werden wirklich rocken.

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  2. Nur her mit deinem Seriencheck, ich bin gespannt auf deine Einschätzungen!

    The Unit wandert auf meine Liste der Shows, bei denen ich zuschlage, wenn es sich preislich ergibt.

    Zu BSG: bin ich und die Doktorin also nicht die Einzigen, die derzeit an der Show einiges auszusetzen haben.

    Zu Lost: darf niemals aufhören, wenn sie so weitermachen.

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  3. Ich denke "Over There" werde ich auch einmal eine Chance geben. Ich war schon von "Band of Brothers" recht angetan - und das obwohl ich für Kriegsfilme nicht sonderlich viel übrig habe.

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