Review: WALL•E (OV)
Pixar bildet ohne Frage aktuell die Speerspitze des Animationsfilmgeschäfts und definiert mit jedem Werk das technisch Machbare neu. A Bug's Life, Toy Story 1+2, Monsters, Inc. und Finding Nemo zählen den Perlen meiner DVD-Sammlung. Seit The Incredibles hatte ich jedoch an jedem Streifen etwas zu meckern.
Die Superheldenfamiliensaga traf zu selten mein Humorzentrum, Cars sprach mich schon vom Thema her überhaupt nicht an (bis heute habe ich den nur einmal gesehen, weil ich beim Anschauen fast eingedöst wäre) und Ratatouille punktete zwar mit dem detailliertesten Rattenfell der Filmgeschichte als Technikhighlight: die Story hingegen dümpelte ein wenig hinterher und der Witz zündete nicht so recht. In vielerlei Hinsicht hatte die Konkurrenz die Nase vorn: beispielsweise der erste Shrek (bissiger Humor), Over The Hedge (witzige Charaktere), Hoodwinked (abgedrehtes Szenario) oder Horton Hears A Who (zu Herzen gehende Story).
Würde WALL•E nun den leichten Abwärtstrend stoppen können?
Traditionell leitet ein Kurzfilm das anstehende Rendergroßprojekt ein. 2008 trägt dieser den Namen Presto und erzählt die Geschichte eines Zauberers, der seinem Showkaninchen die tägliche Mohrrübe vorenthält. Was sich der kleine Nager natürlich nicht gefallen lässt und den Auftritt seines Meisters mehr als nur ein wenig durcheinander bringt. Viele der Gags spielen mit dem Kniff, dass unser Magier auf der Bühne in seinen Zylinder fasst und seine Hand daraufhin hinter dem Vorhang aus einem spitzen Zauberhut herausragt- normalerweise, um das Karnickel zu ergreifen und hervorzuziehen. Unser darbender Mümmelmann weiß allerdings mit der umhertastenden Hand einiges andere anzustellen. Das Ergebnis ist ein herrlich komisches Spektakel, welches wunderbar die Lachmuskeln vorwärmt und lockert.
Von der Bühne geht es sodann per Zeitsprung ins Jahr 2815. Die Erde ist vermüllt, verdreckt und verlassen. Verlassen? Nicht ganz. Denn ein tapferer Aufräumroboter namens WALL•E hört nicht auf, den Unrat in eigengepresster Quadratform in der Landschaft zu stapeln. Da er seine einsiedlerische Existenz nur mit einer Küchenschabe teilen kann, ist er ein wenig seltsam geworden und hortet im Abfall gefundene Schätze in einem speziellen Lager. Das Highlight der Sammlung: eine Videokassette mit dem Musical Hello Dolly, die WALL•E sich immer wieder zum Feierabend ansieht. Doch seine Einsamkeit findet ein Ende, als ein Raumschiff einen Suchroboter namens EVE absetzt. Es entspinnt sich eine Liebesgeschichte, die unsere beiden Hauptdarsteller ins Weltall an Bord eines Raumschiffs und wieder zurück zur Erde führt, Rettung der Menschheit inklusive. Quasi als Abfallprodukt, um im Jargon zu bleiben.
Technisch und visuell ist das Ganze wie erwartet über alle Zweifel erhaben. Wer die letzten Pixar-Streifen wegen der Stärken in diesem Bereich gekauft hat, darf die DVD bzw. BluRay schon jetzt vorbestellen. Die wahre Größe des Films liegt allerdings in der selbst auferlegten Beschränkung der Ausdrucksmittel und die kunstvolle Durchbrechung dieser Limitierung. Denn streng genommen sind die Hauptdarsteller des Films zwei Roboter, die sich als Kommunikation während der knapp 100 Minuten größtenteils nur ihre jeweiligen Namen elektronisch verfremdet zupiepsen. Michael Bay hätte angesichts dieser Prämisse die Dialoge wohl durch Explosionsgeräusche ersetzt, Uwe Boll wahrscheinlich das Videospiel Pong zuhause von seinem Fernseher abgefilmt. Aber John Lasseter und seine Kollegen stricken daraus einen abendfüllenden, wunderbar emotionalen, charmant witzigen Roboterliebesfilm mit Öko-Message, Konsumkritik und warnendem Zeigefinger Richtung Konzernmachtkonzentration.
Unter Einsatz von ausgefeilten Soundeffekten, minimalistischer Mimik und kleinen Gesten werden WALL•E und EVE große Gefühle eingehaucht, denen man sich als Zuschauer kaum zu entziehen vermag. Wer beispielsweise über die unablässigen Annäherungsversuche unseres tapsigen Aufräumers nicht schmunzeln kann, sollte sich besser röntgen lassen, ob er nicht bisher unbemerkt eine Hauptplatine in der Brust sitzen hat. C3PO und R2D2 haben als bisher bestes Roboterliebespaar der Filmgeschichte definitiv ausgedient, E.T. darf ebenfalls endgültig die Heimreise antreten, denn an den Goldigkeits-, Herzigkeits- und Knuffigkeitsfaktor unseres Filmhelden kann er nicht ankratzen. Die Action kommt freilich auch nicht zu kurz, alleine im Raumschiff lauern später Szenen, die so vollgepackt sind, dass man sie sich mehrfach ansehen muss, um alle Nuancen mitzubekommen. Erwähnenswert bleiben noch die unzähligen Roboter, denen WALL•E auf seiner Reise begegnet. Alle kommen mit wenigen Worten aus, sind aber großartig charakterisiert. Apple Macintosh-Nostalgiker und 2001-Fans werden in der Hinsicht einige Deja Vu-Erlebnisse haben.
In den USA scheint der Film vor allem bei den Kids nicht so recht punkten zu können. Kein Wunder, wenn in den ersten zehn Minuten nichts explodiert, kein einziger lässiger Einzeiler präsentiert und im Endeffekt eine Liebesgeschichte erzählt wird. Ich finde diesen Ansatz hingegen hinreißend erfrischend und den Protagonisten so putzig, dass ich die letzten Stunden meinen Bruder mit der Aufführung von "WALL-E!"/"EVE?"-Monologen in den Wahnsinn getrieben habe. Meiner Meinung nach der beste Pixar seit Finding Nemo.
Die Superheldenfamiliensaga traf zu selten mein Humorzentrum, Cars sprach mich schon vom Thema her überhaupt nicht an (bis heute habe ich den nur einmal gesehen, weil ich beim Anschauen fast eingedöst wäre) und Ratatouille punktete zwar mit dem detailliertesten Rattenfell der Filmgeschichte als Technikhighlight: die Story hingegen dümpelte ein wenig hinterher und der Witz zündete nicht so recht. In vielerlei Hinsicht hatte die Konkurrenz die Nase vorn: beispielsweise der erste Shrek (bissiger Humor), Over The Hedge (witzige Charaktere), Hoodwinked (abgedrehtes Szenario) oder Horton Hears A Who (zu Herzen gehende Story).
Würde WALL•E nun den leichten Abwärtstrend stoppen können?
Traditionell leitet ein Kurzfilm das anstehende Rendergroßprojekt ein. 2008 trägt dieser den Namen Presto und erzählt die Geschichte eines Zauberers, der seinem Showkaninchen die tägliche Mohrrübe vorenthält. Was sich der kleine Nager natürlich nicht gefallen lässt und den Auftritt seines Meisters mehr als nur ein wenig durcheinander bringt. Viele der Gags spielen mit dem Kniff, dass unser Magier auf der Bühne in seinen Zylinder fasst und seine Hand daraufhin hinter dem Vorhang aus einem spitzen Zauberhut herausragt- normalerweise, um das Karnickel zu ergreifen und hervorzuziehen. Unser darbender Mümmelmann weiß allerdings mit der umhertastenden Hand einiges andere anzustellen. Das Ergebnis ist ein herrlich komisches Spektakel, welches wunderbar die Lachmuskeln vorwärmt und lockert.
Von der Bühne geht es sodann per Zeitsprung ins Jahr 2815. Die Erde ist vermüllt, verdreckt und verlassen. Verlassen? Nicht ganz. Denn ein tapferer Aufräumroboter namens WALL•E hört nicht auf, den Unrat in eigengepresster Quadratform in der Landschaft zu stapeln. Da er seine einsiedlerische Existenz nur mit einer Küchenschabe teilen kann, ist er ein wenig seltsam geworden und hortet im Abfall gefundene Schätze in einem speziellen Lager. Das Highlight der Sammlung: eine Videokassette mit dem Musical Hello Dolly, die WALL•E sich immer wieder zum Feierabend ansieht. Doch seine Einsamkeit findet ein Ende, als ein Raumschiff einen Suchroboter namens EVE absetzt. Es entspinnt sich eine Liebesgeschichte, die unsere beiden Hauptdarsteller ins Weltall an Bord eines Raumschiffs und wieder zurück zur Erde führt, Rettung der Menschheit inklusive. Quasi als Abfallprodukt, um im Jargon zu bleiben.
Technisch und visuell ist das Ganze wie erwartet über alle Zweifel erhaben. Wer die letzten Pixar-Streifen wegen der Stärken in diesem Bereich gekauft hat, darf die DVD bzw. BluRay schon jetzt vorbestellen. Die wahre Größe des Films liegt allerdings in der selbst auferlegten Beschränkung der Ausdrucksmittel und die kunstvolle Durchbrechung dieser Limitierung. Denn streng genommen sind die Hauptdarsteller des Films zwei Roboter, die sich als Kommunikation während der knapp 100 Minuten größtenteils nur ihre jeweiligen Namen elektronisch verfremdet zupiepsen. Michael Bay hätte angesichts dieser Prämisse die Dialoge wohl durch Explosionsgeräusche ersetzt, Uwe Boll wahrscheinlich das Videospiel Pong zuhause von seinem Fernseher abgefilmt. Aber John Lasseter und seine Kollegen stricken daraus einen abendfüllenden, wunderbar emotionalen, charmant witzigen Roboterliebesfilm mit Öko-Message, Konsumkritik und warnendem Zeigefinger Richtung Konzernmachtkonzentration.
Unter Einsatz von ausgefeilten Soundeffekten, minimalistischer Mimik und kleinen Gesten werden WALL•E und EVE große Gefühle eingehaucht, denen man sich als Zuschauer kaum zu entziehen vermag. Wer beispielsweise über die unablässigen Annäherungsversuche unseres tapsigen Aufräumers nicht schmunzeln kann, sollte sich besser röntgen lassen, ob er nicht bisher unbemerkt eine Hauptplatine in der Brust sitzen hat. C3PO und R2D2 haben als bisher bestes Roboterliebespaar der Filmgeschichte definitiv ausgedient, E.T. darf ebenfalls endgültig die Heimreise antreten, denn an den Goldigkeits-, Herzigkeits- und Knuffigkeitsfaktor unseres Filmhelden kann er nicht ankratzen. Die Action kommt freilich auch nicht zu kurz, alleine im Raumschiff lauern später Szenen, die so vollgepackt sind, dass man sie sich mehrfach ansehen muss, um alle Nuancen mitzubekommen. Erwähnenswert bleiben noch die unzähligen Roboter, denen WALL•E auf seiner Reise begegnet. Alle kommen mit wenigen Worten aus, sind aber großartig charakterisiert. Apple Macintosh-Nostalgiker und 2001-Fans werden in der Hinsicht einige Deja Vu-Erlebnisse haben.
In den USA scheint der Film vor allem bei den Kids nicht so recht punkten zu können. Kein Wunder, wenn in den ersten zehn Minuten nichts explodiert, kein einziger lässiger Einzeiler präsentiert und im Endeffekt eine Liebesgeschichte erzählt wird. Ich finde diesen Ansatz hingegen hinreißend erfrischend und den Protagonisten so putzig, dass ich die letzten Stunden meinen Bruder mit der Aufführung von "WALL-E!"/"EVE?"-Monologen in den Wahnsinn getrieben habe. Meiner Meinung nach der beste Pixar seit Finding Nemo.
Hm, nach deinem Review sollte ich den Film wohl auch mal auf meine Liste setzen, denn bisher ist der aus welchen Gründen auch immmer an mir vorbei gegangen. Danke für den Tipp. :-)
AntwortenLöschenDas Witzige ist ja, dass er erst Ende September hierzulande anläuft. Bei einem Film, der kaum Dialoge hat. Deutschland armes Kinoland.
AntwortenLöschenDas hört sich einfach nur toll an! Ich für meinen Teil bin froh, dass er erst in September anläuft, denn da werde ich auch wieder einmal Zeit für einen Kinobesuch haben... ;-)
AntwortenLöschenNun freue ich mich auf jeden Fall doppelt! :-)