Das Wort zum Wahlsonntag

Dann macht mal.

Ein paar Zahlen mehr auf dem Lebenskonto zu haben hat auch seine Vorteile. Während die Kids heute gerade mal rot-grün fehlerfrei aus dem Farbenspektrum zusammenlegen können, habe ich schon glatte 16 Jahre schwarz-gelb unter Kanzler Kohl durchstanden. Das ist - rein rechnerisch und ohne historische Vergleiche anstellen zu wollen - länger als das 1000-jährige Reich. Insofern kann mich nichts eigentlich nichts mehr schocken.

Reizvoll wird es in den nächsten Wochen, welche Wahlversprechen liebevoll ausgehöhlt werden. Eine schöne und sicherlich lohnende Aufgabe für Feinbohrer auf der einen und Genauhinhörer auf der anderen Seite. Steuersenkungen für alle, Stärkung der Bürgerrechte, mehr Arbeitsplätze - in den Parteizentralen von CDU, CSU und FDP werden wahrscheinlich in den nächsten Tagen die Schnitzmesser hervorgeholt. Vielleicht entdeckt man traditionell auch noch ein Haushaltsloch, dass den stabilen Stamm schon so angegriffen hat, dass nur noch Abschneiden hilft. Wenn an der Stelle dummerweise ein Wahlversprechen dranhängt, ist das natürlich höhere Gewalt.

Und die SPD? Sollte aufhören, vor lauter Eigenüberzeugung weiter an dem Ast zu sägen, auf dem sie sitzt. Tragisch komisch kommt es zudem rüber, wenn aus dem Mund der Mitglieder ein "so kann es nicht weitergehen" kommt und die Parteispitze Steinmeier/Müntefering sich im "wir machen weiter"-Gleichklang die harte Oppositionsbank warmlächelt. Dabei ist eben jene in Krisenzeiten nicht das Schlechteste, der tiefrote Oskar rutscht dort schon seit Jahren mit steigendem Erfolg herum. Mich würde es nicht wundern, wenn mancher Genosse angesichts des Wahlausgangs und der anstehenden Aufgaben ein erleichtertes "Jetzt dürfen sich mal die anderen selbst zerlegen" gen Willy-Brandt-Denkmal geseufzt hätte.

Eine weitere Erkenntnis: Wahlen tendieren immer mehr in Richtung Geschenkeauspacken an Heiligabend: die Kleinen (FDP, Linke, Grüne, Piraten) freuen sich jedes Mal, während die Großen diese Zeremonie am liebsten abschaffen würden, weil sie eh nur Stress damit haben und am Ende nichts Gescheites vom Wahlvolk unter den Tannenbaum gelegt bekommen.

Da erfährt der Satz "Jetzt haben wir die Bescherung" eine ganz neue Bedeutung.

Kommentare

  1. Die Bescherung kommt alle vier Jahre wieder. Same procedure as last time. Period.

    Die Politiker sind aber auch wirklich zu bedauern! Dass das dumme Volk ihnen immer wieder solch schwierige Konstellationen aufbürdet ... das stecken die dann nach einer Woche locker weg und machen weiter, wie gehabt.

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  2. Wie Volker Pispers schon sagte: Wenn Wahlen was ändern würden, wären sie schon lange verboten.

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