5 Features, die ich als nörgelnder Spieleveteran gerne öfter sehen würde

Erschreckend wenig nackter Text hier drin in letzter Zeit. Das gibt mir Anlass genug, den zweiten Teil der Reihe "5 Features & der nörgelnde Spieleveteran" loszulassen. 

1. Humor 

Humor zu produzieren ist schon im wahren Leben eine echte Kunst für sich. Was beim einen wunderbar ankommt, hinterlässt beim anderen nur ein Kopfschütteln, das fließend in eine Körperverletzung übergehen kann. Ich verweise in der Hinsicht auf Komiker wie Matze Knop, Mario Barth oder Ursula von der Leyen. In Computerspielen wagen sich nur wenige an dieses heikle Thema. Denn liegen die Tester nicht auf derselben Schmunzelwellenlänge, gibt's schlechte Wertungen, keiner kauft's und schwupp verschwindet die nächste Spieleschmiede. Wahrscheinlich schätze ich Adventures auch deshalb so sehr, weil sie aktuell noch die Plattform darstellen, auf der in dieser Hinsicht am ehesten experimentiert wird. Mit Erfolg, denn beispielsweise The Book of Unwritten Tales lebt von seinen Gags und Parodien, lässt so sogar das etwas schwache Rätselfundament in den Hintergrund geraten. Wer hat bei Edna bricht aus nicht gegrinst? Oder bei Monkey Island? Jenseits der Adventures aber wird es schwierig. Jump'n'Runs gehen noch. Psychonauts mit seiner Abgedrehtheit sei lobend erwähnt. Oder Conker's Bad Fur Day. Den Spieleproduzenten der Welt kann ich nur empfehlen: Mehr Humor wagen. Des Spielspaßes wegen. 

2. Story & Emotion 

Da hapert es auch sehr oft. Die Spieleindustrie mag in Sachen Umsatzerwirtschaftung Hollywood schon hinter sich gelassen haben, aber wenn es um Story und Emotionen geht, hängt sie meilenweit hinterher. Vieles, was in Spielen als Hintergrundgeschichte kredenzt wird, würde im Kino nur von Freunden des Trash-Films hinreichend gewürdigt werden. Gerade bei Spielen, wo auch gerne mal ein paar Munitionsgürtel verbraucht werden, täte ein wenig Storyunterfütterung not. Wenn nämlich selbige einen antreibt, übersieht man auch gerne, dass man gerade den selben Gegnerklon zum 253. Mal aus den Schuhen geschossen hat. Wer fiebert, leidet, trauert, freut sich schon mit seiner Spielfigur? Es mag unerfahrene Joypad-Jünglinge geben, die beim Anblick der polygonisierten Lara Croft in gebückter Haltung Gefühle bekommen, aber sonst? Wer packt mich als alten Spieler noch am Emotionsschlawittchen? Möglicherweise bedarf es erst fotorealistischer Grafiken, um eine Bindung zu den Gestalten auf dem Bildschirm entstehen zu lassen. Andererseits zeigt gerade ein Spiel wie Shadow of the Colossus, dass es viel weniger braucht, dass man vor Betroffenheit kurz das Gamepad hinlegen muss. Ich lasse nur das Stichwort "Pferdfall" fallen. 

3. Difficulty 

Massenkompabilität ist das Schlagwort. Was sich heutzutage verkaufen soll, muss sowohl von einem 12-jährigen mit einer Reaktionszeit unter 0,1 Nanosekunden wie auch von der tüteligen Hausfrau mit Problemmotorik gemeistert werden können. Bei Actionreißern lässt sich das noch gut justieren: 300 Gegner pro Sekunde mehr für den Kleinen, einen altersschwachen Greis am Maschinengewehr für die Hausmama. Aber wo liegen die Herausforderungen für erfahrene Spieler, die erkunden, entdecken, rätseln wollen? Ja, auch gerne mal kurz in die Grube des Frustes einfahren möchten, um sich dann jubilierend an die Oberfläche zurückzukämpfen? Oft wird man durch Einblendungen oder sonstige Hinweise mit der Nase auf die Lösung gestoßen, ebenso oft traut man dem Braten nicht und rechnet mit einem Bug statt einer spielerischen Herausforderung. Ich plädiere für einen Veteranen-Schwierigkeitsgrad in Adventures, Action-Adventures u.ä. Die Prämisse: nix wird erklärt, auf alles muss man selbst kommen. Durch Ausprobieren, Beobachten, Analysieren. Früher, als die Spiele für den C64 immer rätselhafterweise ohne Verpackung und Anleitung, sondern nur als blanke Diskette in den Haushalt eingeführt wurden, hat das doch auch geklappt. Mein Lieblingsbeispiel für knallharte Aufgabenstellungen ist aktuell Braid. Für viele Gamer ist es zu frustig, zu Beginn eines Levels erschlägt einen fast die dräuende Chancenlosigkeit. Setzt man sich aber hin, verbeißt sich in der Herausforderung, probiert alles, was einem einfällt, dann wird man am Ende belohnt. Selbst das perfide Brückenpuzzle zu Beginn habe ich so ausbaldowern können. 

4. Monsters. Big. Fucking. Monsters. 

Man hätte es auch weniger prollig ausdrücken können. Etwa so: in jedem homo ludens erwächst der Wunsch, sich wie einst David dem Goliath entgegenzustellen und einen unerwarteten, nicht für möglich gehaltenen, aber schwer erkämpften Sieg davonzutragen. Großes leisten, Großes besiegen sei das Motto. Ich mag es, wenn etwas Gigantisches auftaucht, vor dem man sich in der Realität sofort eingraben und mit einem Leben unter Regenwürmern arrangieren möchte, aber im Spiel mutig einen Sinnspruch wie "Pfff, tausend Tonnen Gewicht, aber kein Gehirn" zur Selbstaufmunterung vom Stapel lässt. Auch hier verweise ich auf Punkt 3, den Schwierigkeitsgrad. Lasst mich lieber Schwachstellen aufdecken, alle Waffen durchprobieren und Ausfallschritte analysieren, als dass ich hektisch dauerfeuernd umher renne, bis nach 45 Minuten der Obermotz endlich infolge einem der 2 382 376 371 Einschusslöcher zusammenbricht. 

5. New Online Challenges 

Innovation ist leicht zu fordern, aber verdammt schwer zu realisieren. Schließlich haben Programmierer seit Pong schon so einiges konzipiert und etwas noch nie Dagewesenes gibt es eigentlich nicht mehr. Aber im Online-Bereich könnte man noch einiges erreichen. Mit ein paar Kumpels ein extra kniffliges, auf mehrfache Hirnbeteiligung ausgelegtes Adventure gemeinsam lösen. Quizshows wie etwa das jüngst auf der Xbox360 vorgestellte "Einer gegen Hundert", wo man seinen Hirnschmalz in die DSL-Leitungen drücken kann. Ich erinnere mich noch an Mittagspausen, wo wir in der Firma auf einer Gaming-Plattform etwas Ähnliches gespielt haben. Rein textbasiert, aber mit immer aktualisierter Top5-ScorerListe während einer Runde. War da die Truppe am Johlen, wenn einer der ihrigen dort plötzlich auftauchte. Sowas will ich wieder haben. Gerne auch mit Gewinnen.

Kommentare

  1. Ich gehe mal in allen Punkten mit.

    Ergänzen könnte ich höchstens noch, dass es wirklich zu wenig Humor in Spielen gibt und nur wenige es versuchen. Aktuell gefällt mir GTA IV in der Hinsicht ganz gut, da es ein einziges großes Klischee ist. Wenn Taxis den Werbebanner "Americas next Top-Hooker" aufgeklebt haben, dann weiß ich, wo der Hase läuft.

    Und in Sachen Story&Emotion gibt's ja immerhin die eine oder andere löbliche Ausnahme. Max Payne 2 und Mafia haben mich unglaublich mitgerissen. Bioshock oder The Witcher kommen dem immerhin nahe. Aber es ist schade, dass solche Ausnahmetitel immer nur ein bis zwei mal aller drei Jahre erscheinen. Ich denke, ich würde mehr spielen, wenn es mehr solche Spielchen geben würde. Deshalb bin ich auch sehr gespannt auf Mafia 2.

    Übrigens ist es ein Mythos, dass die Spieleindustrie mehr einnimmt als Hollywood. Dazu sind die Budgets einfach immer noch zu niedrig, um wirklich hochkarätiges Zeug in der Frequenz zu schaffen, wie es bei den Blockbustern im Filmbereich der Fall ist.

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