Review "Sam & Max Episode 1 - Culture Shock"

Ich wünschte, ich könnte in die Zukunft reisen. Genauer gesagt: in den Sommer 2007. Dann nämlich sollten sämtliche sechs Episoden von Sam & Max erhältlich sein, zusammengefasst auf einer DVD, Verpackung inklusive. Nach dem Durchspielen der ersten Episode bin ich mir sicher, dass man an als Adventurefan mit diesem Paket eine riesige Menge Spaß haben wird.

Mit meinem Wunsch möchte ich nicht so sehr die Tatsache bekritteln, dass der zahlende Kunde für seine $8,95 (mir hat PayPal $10,23 abgezwackt) gerade mal eine 72 MB große Datei geliefert bekommt, die sich nach dem Entpacken auf etwa 230 MB aufplustert. Solange der Preis ordentlich niedrig ist, brauche ich keine Verpackung, keine (auf Hochglanz getrimmte) Anleitung, ja nicht mal einen Datenträger (wobei mir während meines Studiums immer eingebläut wurde, dass das Fehlen einer Gebrauchsanweisung als Mangel einer Sache einzustufen ist). Anders als bei Half Life 2 und der dazugehörigen Onlineplattform Steam hatte ich auch keine Probleme mit der Installation auf meinem internetzugangsfreien Spielerechner (siehe auch den Kommentar zu diesem Beitrag).

Der Inhalt der Datei enthält als Entschädigung einen Spielspaßwirkstoff, der in letzter Zeit zur Rarität verkommen ist. Ich schreib den Fachbegriff mal deutlich hin, damit ihn auch Spieldesigner, die lieber den x-ten Klon bekannter Spieleschablonen heranzüchten, lesen können:

H U M O R

Sam & Max zu spielen bringt Spaß, weil es humorvoll gemacht ist. Wer sich Zeit nimmt, verschiedene Dinge ausprobiert, alle Gesprächsoptionen abklappert und nicht gerade zum Lachen in den Keller geht, dürfte mehr als gut unterhalten werden. Wo andere Adventures mit nichtssagenden Gesprächshülsen derart langweilen, dass man zu Entertainmentzwecken verschiedene Bildschirmauflösungen ausprobieren möchte, würzen Sam & Max jeden trivialen oder abgedrehten Lösungsversuch mit einem lässigen Spruch.

Freilich gibt es einige, die auch darüber die Nase rümpfen - als zu aufgesetzt, zu bemüht oder zu übertrieben werden die auf Witz getrimmten Dialoge dargestellt. Diesen Menschen möchte ich herzlich entgegenrufen: Leute, zieht wieder eure Zweite-Weltkriegsuniformen oder Elfenkleidchen an und stürzt euch ins Schlachtgetümmel, da seid ihr besser aufgehoben. Bei mir jedenfalls haben die Gags gezündet; seit dem genialen Psychonauts habe ich nicht mehr so oft bei einem Spiel lachen müssen.

Die Rätsel sind teilweise sehr einfach und stellen den geübten Abenteurer vor keine ernsthaften Schwierigkeiten. Anders sieht es mit der Wortwahl der Protagonisten aus, die teilweise mit nicht gerade allzu oft verwendeten englischen Ausdrücken unterfüttert ist. Als kleiner Kritikpunkt mag desweiteren die sehr beschränkte Anzahl von besuchbaren Örtlichkeiten gelten (insgesamt knapp mehr als eine Handvoll) - dafür gibt es dort auch allerhand zu tun. Wer in aktuellen Adventures schon durch unzählige Räume latschen durfte, ohne dort irgendwas anstellen zu können, sieht diesen Punkt eventuell weniger eng.

Das Interface, welches eigentlich nur eine Maustaste beansprucht, lässt keine größere Kompliziertheiten zu; selbst das Manipulieren von Gegenständen im Inventory fällt kategorisch flach. Dennoch haben die Entwickler bei Telltale Games auch ein paar nette Kopfnüsse eingebaut, für die man die Hirnzwiebel ein wenig anstrengen und außerhalb der üblichen Rätselstrukturen denken muss.

Die Spieldauer ist natürlich ein Makel, den man nicht wegdiskutieren kann. Ein Wochenende ist für Veteranen schon viel zu hoch angesetzt, um den Abspann zu Gesicht zu bekommen. Vorbei also die Zeiten, als man bis tief in der Nacht über einem Rätsel grübelte, vorm Einschlafen eine Eingebung hatte und diese dann morgens grinsend ausprobierte. Das Häppchenprinzip des Spiels lässt derartige Highlights leider nicht mehr zu.

Dennoch: an Sam & Max - Culture Shock führt für Abenteuerfreunde definitiv kein Weg vorbei. Ich kann mir kaum vorstellen, dass Fans des ersten Teils von der Aufmachung des Spiels enttäuscht sein werden. Wer die Geduld aufbringt, kann natürlich bis zum Juni 2007 warten und erhält im Gegenzug den vollen und nicht frühzeitig beendeten Rätselgenuss. Ich allerdings werde schon im Januar für Episode 2 bereit stehen und hoffen, dass ich bis zum Sommer spontan alle bis dahin gelösten Rätsel wieder vergessen habe. Wenn nicht, mache ich mich eben auf die Suche nach diversen Easter Eggs, die hoffentlich auch in den weiteren Teilen versteckt sind.

Kommentare

  1. Es geht ... ein Jahr warten, bis ein gewünschter Artikel erhältlich ist, ist überlebbar, auch ohne Zeitreise ... man fällt zwar ab und zu röchelnd vom Hocker doch die Zeit geht rum ... versprochen ... und dann gibt es DAUs, die sich über ein Jahr lang drauf freuen, zum günstigst möglichen Zeitpunkt einen Artikel zu genießen und die Umstände machen einen Strich durch die Rechnung und man muss mit viel Aufwand oder mit viel Geld den Makel wegbürsten ... und so kommt es, dass ich Stargate, Episode 1 der 9. Staffel noch immer nicht kenne ... *seufz*

    AntwortenLöschen
  2. Das ist wirklich tragisch. Leider kann ich dir auch nicht zum Stargate-S9E01-Genuss verhelfen, weil ich die Serie nicht gucke.

    Vielleicht kann man die entsprechende DVD ja irgendwo online oder offline ausleihen? Oder schlimmstenfalls im Netz eine Zusammenfassung der Episode lesen? Wie z.B. hier

    AntwortenLöschen
  3. Eine sehr schöne Seite, kannte ich noch nicht ... den Inhalt der Folge wohl und auch den Inhalt der Folgen bis Mitte Staffel 10, kursieren doch da massig Seiten mit Text im Netz und es gibt außerdem massiv nette Leute im Internet, die einem zusichern, die fehlende Folge zuzusenden ... wie das technisch geht, daran arbeiten wir noch ...

    AntwortenLöschen
  4. Ich war ja in Sachen Sam & Max ganz unbeleckt, und hatte daher am Anfang auch mit den Rätseln ein paar Schwierigkeiten. Wenn sich die Logik aber erst mal erschlossen hat, macht das tierisch Spaß.

    Am meisten gelacht habe ich übrigens bei der Stelle, als man diesen einen Soda Popper fragen konnte, ob er die Titelmelodie seiner Sendung für einen singt. Und er sagt sehr lange nein. Aber manchmal muss man einfach hartnäckig sein...

    Sehr guter Tipp, aber mir diese Fuzzel-Episoden zu kaufen, hab ich dann ehrlich gesagt doch keine Lust. Dafür sind die Spielchen zu unaufregend, eben auch was die Dauer betrifft.

    Ich werde mich aber nun mal etwas mehr auf diese Art von Spielen einlassen und habe mir bei einem Bekannten "Grim Fandango" ausgeborgt... Freu ich mich schon drauf.

    AntwortenLöschen
  5. Das Herauslocken der Titelmelodie ist eines dieser Kleinode, die das Spiel bereithält, wenn man sich Zeit nimmt und darauf einlässt.

    Grim Fandango ist Kult, ohne Frage. Hab es auch dieses Jahr wieder angefangen, bin jedoch irgendwo hängengeblieben. Sehr schräge Story, tolle Synchronisation (Tommy Pieper alias Alf), aber auch etwas ungelenke Steuerung. In jedem Fall dranbleiben, es lohnt sich.

    AntwortenLöschen
  6. Grim Fandango ist eines meiner Lieblingsspiele... Da können sich 95% aller Bücher, Filme und Serien abschauen, wie eine intelligente und geistreiche Handlung funktioniert. Genial!

    Mal sehen, ob ich am Wochenende vielleicht auch zu Sam & Max 2 komme, da sollte mein spieltauglicher PC von der eparatur zurück kommen.

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

CD des Monats: FEEDER - The Singles

IniRadio #61: Bob Seger feat. Kid Rock - Real Mean Bottle

Seriencheck: STAR TREK - STRANGE NEW WORLDS SEASON 2