Das Wort zum EM-Spieltag #14: Deutschland - Dänemark 2:0
DEUTSCHLAND - DÄNEMARK 2:0
Rudi Völler kam sich vor wie in einem Sketch von Loriot. Allerdings in einem, den der Meister des feinsinnig skurrilen Humors für den Schneideraum inszeniert hatte.
Aus der Trainingshalle in Herzogenaurach dröhnten donnernd schroffe Riffs der dänischen Hardrockband Volbeat. "So, Waldi, schittele, schittele, schittele, mee aussem Rücke, Junge. Nee, heer uff, awwei bischd du schun widder ausm Takt komm. Mee Gfühl, Nico, a mool kreise losse, loss mool kreise. Doch net de Fuuß, Mann, de Kopp, de Kopp!!! Herrgott, jetz issem schunn widder de Fiffi vum Kopp gefall! Scheff, das gebbd nix, die sinn so schteiff wie siwwe Taa aldi Broodworschd in de Tiefkiehltruh."
Der angesprochene Sportdirektor nahm es mit hängendem Kopf zur Kenntnis. Seitdem es darauf hinauslief, dass zum Achtelfinale gegen die Dänen ein neues Verteidigerpärchen gebraucht wurde, waren Waldemar Anton und Nico Schlotterbeck penibelst auf ihre Tauglichkeit und Harmoniefähigkeit geprüft worden. Doch nicht nur das Synchronheadbanging mit Bülent Ceylan nebst Zurverfügungstellung zweier Langhaarperücken geriet zum Desaster.
Dabei gab zunächst die übereinstimmende Antwort nach dem ihrer Meinung nach besten deutschen Verein Grund zur Hoffnung: "BVB", notierte Schlotterbeck, Anton gab zu Protokoll: "Sobald ich unterschrieben habe, BVB". Dagegen null Übereinstimmung bei der Aufgabe "Nennen Sie zwei Bestandteile von Smörrebröd", weil beide das reich belegte Butterbrot unseres nördlichen Nachbarn für eine Figur aus den Muppets hielten und es entsprechend einmal Römmpömm und einmal Pömmpömm als Antwort hieß.
"Nimm du ihn" und "Ich hab' ihn sicher", die Klassiker der verteidigerinternen Fehlkommunikation, tauchten ebenfalls zu oft auf den jeweiligen Antwortkarten auf. Ganz schlimm auch der Moment, als das designierte Verteidigerpaar mit verbundenen Augen angeben sollte, wo genau Manuel Neuer hinter ihnen im Raum verortet werden konnte. So war der Wiederaufführung des Eigentors der Türken gegen Portugal Tür und Tor geöffnet!
Der einzige Rudi versuchte es nun mit einer letzten, praxisrelevanten Situation.
"Männer, folgende Situation: 89. Minute, Spielstand 0:0, der eingewechselte Sané bleibt mit einem seiner Dribblings hängen und in der Folge brutzig stehen, ein weiter Ball der Dänen nach vorne durchschneidet unser vorgerücktes Mittelfeld, Eriksen nimmt an und läuft auf euch als Restverteidigung zu, den Wind in seinem Rücken. Was macht ihr?"
"Den haue ich um, egal, wieviel Rückenwind der hat", ruft Anton.
"Genau, Chef, den haue ich auch um! Übereinstimmung! Hurra! High Five, bro!" klatscht Nico seinen Kollegen ab.
Völlers Hände durchstreiften seine lichten weißen Strähnen auf dem Kopf. Er entließ einen tiefen Seufzer. "Jonas Wind ist ein dänischer Stürmer. Eriksen wird ihn anspielen, bevor ihr ihn von den Beinen holt und die Dänen so kurz vor Abpfiff das Siegtor erzielen. Okay, Jungs, ihr könnt gehen. Lasst mich einfach kurz alleine. Ich klingele mal beim Kohler und beim Buchwald durch, ob die nicht Lust haben, sich spät für das Finale 1992 zu revanchieren."
Muss alles gar nicht so kommen. Aktuell sieht es ja danach aus, dass Rüdiger noch rechtzeitig fit wird. Ansonsten bedarf es halt eines guten Einstiegs, so wie gegen die Schotten. Sollte das nicht klappen, muss Schlotterbeck als Ersatz für Tah der ein oder andere Einstieg hinten gelingen, ohne dass es Elfmeter gibt. Offensiv haben mich die Dänen bisher jedenfalls nicht in Angst und Schrecken versetzt. Die haben noch nicht mal ein Spiel gewonnen!
Weil es im Bericht gegen die Schweiz so gut geklappt hat, bewerbe ich mich mit folgender Vorhersage als offizielles Tierorakel des DFB:
- 15 Minuten Geplänkel, dann Havertz mit dem 1:0. Allgemeines "Der Havertz ist doch gar nicht so übel"-Geraune auf den Rängen und vor dem Fernseher.
- Dänemark läuft an, spielt aber zu ungefährlich. Schlotterbeck gelingt eine amtliche Grätsche, das Stadion geht steil.
- 2:0 noch vor der Pause, Musiala läuft allen davon und schließt oben in den Winkel ab. Entspannungsbiere werden gereicht.
- Füllkrug kommt zehn Minuten vor Schluss, macht aber einfach mal keinen. Menschlich, sympathisch, bodenständig.
- Sané erhält in der Nachspielzeit Einsatzminuten, bleibt bei mit einem seiner Dribblings hängen und in der Folge brutzig stehen bis der Greenkeeper ihn vom Platz trägt.
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Dr. Ama-Andersen oder: Wie ich lernte, den VAR zu lieben.
Okay, meine Bewerbung zum DFB-Tierorakel halte ich aufrecht. War doch viel Schönes dabei. Die Torschützen richtig benannt, Füllkrug ohne Treffer, Sané wieder nicht mein Liebling auf dem Feld. Schlotterbeck bot so ziemlich alles an, da konnte man kaum falsch liegen. Die Unterbrechung wegen Blitz, Donner und Regen hatte ich nicht, dafür kam der Greenkeeper vor. Insgesamt ordentlich.
Deutschland mit zwei starken Anfangsphasen in der ersten Halbzeit, zu Beginn und nach Re-Start, aber der Ball will nicht ins Tor.
Der VAR schlägt Dänemarks Joachim Andersen gleich zweimal in die Magengrube. Sein Tor in der 48. Minute wird aberkannt und fünf Minuten später sein Handspiel im Strafraum entdeckt. Havertz verwandelt flach und zentimetergenau.
Musiala nach weitem Pass von Schlotterbeck in freier Wildbahn auf Schmeichel, der mit dem Herauskommen zögert und zurückweicht. Und den folgenden platzierten Schuss passieren lassen muss.
Fazit: Wer Europameister werden will, muss erst mal uns und den VAR schlagen. Endlich wieder Viertelfinale!
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