Das Wort zum EM-Spieltag #5: TUR-GEO 3:1, POR-CZE 2:1
TÜRKEI - GEORGIEN 3:1
Mit den Türken habe ich als Saarländer und Schalke-Fan zweierlei Kebabhähnchen zu rupfen. Da wäre zum einen Landsmann Stefan Kuntz, der eigentlich heute auf dem Trainerstuhl sitzen sollte, aber vor ein paar Monaten durchaus kaltherzig abserviert wurde. Mein Sympathiestrafgesetzbuch sagt da unmissverständlich: "Vorsätzliche Entkuntzung ist mit Sympathieentzug und Begrummelung in Höhe von mindestens einem Turnierspieltag zu bestrafen". Und daran halte ich mich.
Zweitens hat man es schuldhaft unterlassen, mit Kenan Karaman wenigstens einen Spieler von Schalke 04 zu nominieren, der letzte Saison nicht den ganz großen Schmutz auf dem Platz gelassen hat. Obwohl der Begriff "Schalke-Spieler" derzeit ja eh fluktuativ zu verstehen ist - da schwimmt in den letzten Wochen so ziemlich alles weg, was ansatzweise erfolgreich die blau-weissen Farben getragen hat. Der ex-Schalker Kabak fällt wegen eines Kreuzbandrisses aus, bleibt nur der in Gelsenkirchen geborene Kaan Ayhan. Naja.
Georgien ist der offizielle und einzige Turnierneuling. Und zeigt charmanten Humor, einen Kader, der aus reichlich -vilis besteht, von einem Trainer und sozusagen Oberwilli wie den von Bayern München bekannten Willy Sagnol anführen zu lassen. Das mag ich, das bringt Pluspunkte in meinem Herzen.
Damit drücke ich den Georgiern als dem Underdog der Veranstaltung schon etwas die Daumen. Der Spielplan weiß es wohl zu verhindern, dass die Fans mal in München landen, wahrscheinlich, um folgender Eskalierungssituation vorzubeugen:
"Grüß Gott, Polizei München, wir müssen leider ihre Personalien aufnehmen, die Kreuze auf ihrer Flagge sind doch etwas zu knallig rot geraten, in unserem schönen Freistaat mögen wir das eher farblich gedeckt. Sie verstehn das sicher."
"Wie bitte?"
"Name und Vorname hätte ich gerne"
"Hashvili. Yohmai Hashvili"
"WOAS WUILST??? DU, SO A PACKERL WATSCHN IS GLEI AUFGMACHT, BURSCHE!!! Polizeimeisteranwärter Brunzhuber, informieren's den Söder, wir hom wieder einen gschnappt!"
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Übürragünd. Mehrdavonvili.
Hochintensives Spiel, das locker auch 5:4 oder 3:5 hätte ausgehen können. Große Fußwerkskunst bei den beiden türkischen Distanztreffern, Georgien mit toller Moral, dem ersten Tor ihrer EM-Geschichte und vielen Chancen zum Ausgleich. Beide gerne auf Wiedervorlage in den Achtelfinals.
PORTUGAL - TSCHECHIEN 2:1
Der Beste kommt zum Schluss. Cristiano Ronaldo kann nicht loslassen, sondern will losgelassen werden. Auf die Jagd nach den eigenen Rekorden: meiste Turniere, meiste Tore, meiste Spiele, meiste Spielminuten, meistes Rumgepose. Dass ich dieses Tagebuch schreibe, obwohl ich nach der letzten EM eigentlich in Rente gegangen bin, hat natürlich mit IHM zu tun. "Solange der GGOAT (greatest gockel of all time) weitermacht, mache auch ich weiter", habe ich feierlich auf mein letztes Panini-Album geschworen.
Sein ewiger Konkurrent Lionel Messi kann ihm diesmal nichts entgegensetzen. Woraufhin ein deutsches Sportportal sich wirklich nicht entblödet hat, einen Clickbait-Artikel namens "Weshalb Messi die EM verpasst" zu stricken. Wir werden alle verdummt sterben.
Im Finale 2016 zog CR7 mit seiner strahlenden Aura Motten an wie das Licht, heute reicht es für die alternde Diva (39) bloß noch für minderbemittelte Influencer-Flitzer mit Handy im Anschlag. Dabei wären die doch eher etwas für seinen Kollegen Flitz-Pepe (41), aber der Gag funktioniert im Portugiesischen wahrscheinlich nicht.
Tschechien ist meine Herzensmannschaft, darauf lege ich mich hiermit fest. Letztes Mal war'n sie mir egal, doch mit folgender Schlagzeile hat das Team um Trainer Ivan Hasek mich als Fan gewonnen:
Tschechischer Fußballer verpasst EM wegen Dreiradsturz
Da möchte ich ganz im Stil von John Oliver in seiner "Last Week Tonight"-Show wie ein Honigkuchenpferd grinsen und Worte ehrlicher Begeisterung wie "fabelhaft", "wunderbar" oder "herrlich" in die Welt hinausschreien.
Für meinen Humorgeschmack ist das noch besser als damals Michael Blättel, der sich bekanntlich im Bett verletzt haben soll. Okay, das Dreirad war ein Kart mit drei Rädern, aber das Bild vom weinenden Nationalspieler, der vom Dreirad seines Kindes fällt, ist doch unbezahlbar witziger. Ich kann mir nichts Lustigeres vorstellen. Schwerer Unfall mit Rassel? Am Schnuller verbrüht? Beim Bäuerchen verschluckt? Nein, es geht nicht besser.
Ich will doch eigentlich nur, dass Schick schicker ist als Cristiano Ronaldo. Das kann doch wirklich nicht zu viel verlangt sein.
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Letztlich verdienter Sieg der Portugiesen gegen hingebungsvoll verteidigende Tschechen im Dauerregen von Leipzig. Würde mir den 69-minütigen Cut des Spiels (denn bis dahin führten die Tschechen noch mit 1:0) mit dem Titel
"CR7: Durchnässt, glücklos und geschlagen"
eventuell auf OnlyFans anschauen. Wenn den jemand hochladen sollte. Oder als alternative Dramaturgie den Ausgleich durch das Eigentor von Hranac einfach rausschneiden und nach der Aberkennung des vermeintlichen 2:1 wegen Abseitsstellung von Ronaldo direkt Schwarzblende mit Abspann ohne Ton.
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