Das Wort zum EM-Spieltag #2: HUN-SUI 1:3, ESP-CRO 3:0, ITA-ALB 2:1

UNGARN - SCHWEIZ 1:3
 

Exklusiv auf MagentaTV. Die werden auch immer dreister. Das zweite Spiel erst im Turnier und direkt nicht frei empfangbar. Dabei ist es Samstag, 15:00 Uhr, ich und mein Panasonic-Plasma wären empfangsbereit. Als weit prädikats- und praxisferner Jurist versteige mich hiermit zu der Behauptung, dass es ein unveräußerliches Grundrecht auf Spiele der Gruppengegner zwecks kritischer Würdigung ihrer Leistungen im Vergleich zu derjenigen der DFB-Elf gibt. Es ist mein Recht und meine Pflicht als deutscher Staatsbürger, diese Begegnungen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu verfolgen und nach den ersten Ballkontakten wahlweise ein "Da waren wir aber VIEL besser" oder "Oh Gott, wir werden alle sterben!" durch das Fernsehzimmer zu tröten.
 

Es ist ein Unding. Auch wenn mir die Ungarn ziemlich egal sind. Die haben uns letztes Turnier geärgert, mit Müh und Not reichte damals ein 2:2 zum Weiterkommen und einen verdienten vierten Platz für die Magyaren.  Im zweiten Vorrundenspiel laufen wir gegen die übrigens in Pink auf und das macht sie wahrscheinlich jetzt schon wütend wie der Gulaschtopf als 5-Minuten-Terrine.
 

Die Schweiz hat Frankreich 2021 rausgeschmissen. Viele Eidgenossen halten das für den besten Moment ihrer nationalen Geschichte, seit Wilhelm Tell damit aufgehört hat, den Kopf statt dem Apfel zu treffen. Damals lief ihr erstes Spiel (gegen Wales) auch exklusiv auf MagentaTV, war auch das zweite im Turnier - oho und Verschwörungsgemurmel. Und sie haben von drei Meistern der großen europäischen Ligen je einen Spieler (Akanji, Sommer, Xhaka) im Kader. Das kann Bayern München jetzt nicht von sich behaupten.

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Da waren wir aber viel.... ähem schneller. Zwei Minuten etwa, aber in etwas knapp schneller zu sein als die Schweizer bringt dir auf der weltweiten Vergleichsbühne keinen Ruhm. 

Duah, der Torschütze zum 1:0, spielt in der bulgarischen Liga bei Ludogorez Rasgrad (immerhin mehrfacher Champions League-Teilnehmer), worauf eifrigst hingewiesen wurde nach Bekanntgabe der Aufstellung. Freut mich, denn ich verwehre mich gegen die Diskriminierung exotischer internationaler Ligen. Kein Wunder als Fan einer Mannschaft, die tapfer den Klassenerhalt in der 2. Bundesliga gepackt hat. 

Nach dem Anschlusstreffer der Ungarn eine offen geführte Partie, das hat sicherlich Fans erfreut, denen gestern Deutschland zu dominant und Schottland zu devot war. Es gibt solche Menschen, da bin ich mir sicher.

Breel Embolo verliert vor dem 1:3 einen Teil seines Beinkleides und vereint insofern Striptease- mit Fußballkönnen. Ich trage ja auch manchmal Bandagen wegen meines leicht beleidigungsanfälligen Meniskus, da hat mich dieser Befreiungsakt angesprochen und erfreut. Wie generell der Sieg der Schweizer. Ungarn hat jetzt Druck gegen uns.

SPANIEN - KROATIEN 3:0
 

Es gibt neue Richtlinien für Schiedsrichter im Falle von Rudelbildung. Nur die jeweiligen Kapitäne dürfen sich mit ihm austauschen, wer ansonsten rumpelstilzchenmäßig herumhampelt, erhält rigoros Gelb.
Diese Änderung wird spätestens bei dieser Begegnung spektakulär scheitern. Oh ja, wird das scheitern. Eine Kettenreaktion des Scheiterns, immer größer, immer toller, bis keine Spieler mehr da sind, um die verbleibenden 80 Minuten regelgerecht zu beenden.

Spanien einer der Favoriten, Kroatien gefühlt immer erfolgreich bei Turnieren. Luka Modric ist 38, Lamine Yamal auf der anderen Seite gerade mal 16. "Einspruch, Seniorenquälerei!", "Einspruch, Kinderarbeit!" möchte man da reinrufen. Hoffentlich wird es trotz der hochkarätigen Namen nicht "Einspruch, Fußlümmelei!".

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War natürlich Quatsch mit dem Massenplatzverweis infolge Rudelbildung. Nach 45 Minuten noch alle Spieler auf dem Feld. Aber Spanien führt schon mit 3:0. Ernsthaft - wer macht denn sowas?

Beide Teams oft durch das Zentrum Richtung Tor drängend. Zeigt sich hier ein Trend? 

Ich habe mir jetzt eine Tüte Flips geholt, der Spielstand könnte in der zweiten Hälfte eine körperliche Reaktion der Kroaten (Stichwort: verletzter Nationalstolz) hervorrufen.

Keine Ausbrüche, stattdessen kroatische Versuche, den Ehren- und später vielleicht auch Anschlusstreffer zu erzielen. Petkovic mit einem Elfmeter, Unai Simon sagt nein, Petkovic sagt im Nachschuss doch, aber VAR sagt nein. 

 
ITALIEN - ALBANIEN 2:1

 

Ich habe neulich im kicker die Rubrik "Spieler, die die EM verpassen" gelesen. Das stimmt mich immer so emotional ein, wie bei den Oscars der Tribut an die verstorbenen Filmschaffenden. Titelverteidiger Italien hat es da besonders übel erwischt. 

Berardi. Tonali. Udogie. Acerbi. Scalvini.  

Freunde, das könnten für mich auch die Namen italienischer Geigenbauer aus dem 17. Jahrhundert sein. Jetzt nicht die ganz donnernden Vertreter der damaligen Branche, klar, sondern eher so die tumben Holzverarbeiter, die damals den Gemischtwarenhandel von Guiseppe Aldi beliefert haben. Musste es ja auch geben. 

Aber sollte Italia in dieser Gruppe scheitern, hat es an diesen Ausfällen gelegen. Oder man wurde wie gewohnt hart auf dem Feld beschissen.

"Hui, Albanien, die sind doch das erste Mal dabei. Für die bin ich!"

Nein. Falsch. Sofort dazwischengrätschen. Die waren 2016 schon bei einer Europameisterschaft. Das weiß aber niemand mehr, denn wer will schon Turniererinnerungen hegen, wenn am Ende Cristiano Ronaldo gewonnen hat? 

Würde ich mich bei Gefragt-Gejagt bewerben und erzählen, dass ich seit 1982 ein bescheidenes Bündel an fußballhistorischem Wissen angehäuft habe, würde mir der Alexander Bommes direkt in der Schnellraterunde als Fragen "Wo fand die EM 2016 statt?" und "Wie weit kam Albanien bei der EM 2016?" vor den Latz knallen. Dann stünde ich schön blöd da, als der große schwitzende, leicht korpulente Mann mit dem schütteren Haar!

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Mamma Mia, "Albanien führt nach weniger als einer Minute" hatte ich jetzt nicht auf meiner Bingokarte. Kann man aber so machen, wenn der Gegner(!) einem den Ball Richtung eigener Strafraum(!) vor die Füße(!) wirft(!).

Nach 15 Minuten drehen die Italiener die Partie - unter freundlicher Mitwirkung der an der Einwurfclownerie Beteiligten. Von da an italienische Spielkontrolle. 

Die stand auf meiner Bingokarte. Zusammen mit "abgeklärt", "glanzlos", "Pflichtsieg", "ermüdend" und "Hätte Albanien kurz vor Schluss zum Ausgleich getroffen, hätte ich es gefeiert"

 

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